Heißer Tee und 50 Ventilatoren

Im alten taz-Gebäude wird Journalismus noch im Schweiße des Angesichts produziert. Ein Rundgang

Lüftungstechnik à la taz, von Fachkräften installiert Foto: Karsten Thielker

Von Helmut Höge

Besonders unerträglich ist die Hitze im alten taz-Haus unterm Dach in der Wochenendredaktion, obwohl dort vor Jahren bereits auf Drängen des Betriebsrates für 5.000 Euro drei Ventilatoren installiert wurden. In den anderen Etagen müssen es Standventilatoren für 29,90 Euro tun. Sie halten nicht lange, machen Krach und verschwinden seltsamerweise im Winter spurlos. Seit Juni kommen laufend Bitten nach mehr Ventilatoren, aber sie sind – wie in jedem Sommer – nahezu überall ausverkauft, jedenfalls die billigen. In allen Räumen zusammengerechnet, dürften in der taz etwa 50 rumstehen. Was das an Strom kostet?!

Ähnlich ist es mit dem Wasser: In jeder Etage stehen Kisten mit vollen und leeren Mineralwasserflaschen. Hinzu kommt, dass die Pflanzen oben in den zwei Dachgärten und im Cafégarten jeden Tag kräftig gegossen werden müssen, sonst lassen sie die Blätter hängen. Insgesamt dürfte der tägliche Wasserverbrauch ohne die Toilettenspülung bei etwa 350 Litern liegen. Zum Glück vermeldeten kürzlich die Boulevardzeitungen: „Berlin hat ausreichend Wasser!“ Gemeint ist laut den Wasserbetrieben das Grundwasser, dem das hiesige Trinkwasser ausschließlich entnommen wird.

Jetzt zahlt es sich buchstäblich aus, dass Berlin zum großen Teil auf Sumpf entstand: Das Grundwasser steht sehr hoch, deswegen haben die vielen Straßen- und Parkbäume auch fast alle noch grüne Blätter. Den Menschen fehlt es derweil nicht an Ratschlägen, wie man der Hitze widersteht: Die Weitgereisten verweisen auf einige orientalische Länder, „wo es noch viel heißer wird“. Andere auf „feuchte Tücher“ in den Nacken. Oder sie empfehlen heißen ­Pfefferminztee. Geben zu bedenken, dass man am besten zwischen vier und sieben Uhr morgens arbeitet. Verlangen von oben verordnetes Hitzefrei, mindestens Hitzezuschlag. Letzteres könnte vom Betriebsrat sein, der von der Belegschaft und nicht von der Genossenschaft gewählt wird. Diese malte dagegen dräuend ein nicht mehr allzu fernes Aus für die tägliche taz an das Schwarze Brett der Erfolgskurven. Wieder andere sehen die anhaltende Hitze als Beweis für die Erderwärmung, den zivilisatorischen Zusammenbruch gar. „Massenschlägereien“ allerorten.

Irgendwo stand, dass man bei über 26 Grad in der Wohnung die Miete mindern kann. Ich halte das für Fake News. Am kühlsten wirkt die Bauverzögerung beim taz-Neubau um immerhin drei Monate: Wenn jetzt auch noch bei laufender Zeitungsproduktion der Umzug anstünde, würden Zusammenbrüche, zumindest nervlicher Art, höchst wahrscheinlich werden. Komischerweise hat sich der Dresscode in der taz hitzebedingt nicht groß verändert: Die Frauen tragen nach wie vor Vielfältigstes und die Männer höchstens kurze bis halblange Hosen. Ob sich der Politcode verändert hat, hin zu „cooleren Themen“ etwa, vermag ich nicht zu sagen.