Anna Gien, Autorin
: Einblick (737)

Zur Person

Foto: Gabriel Loebell-Herberstein

Anna Gien studierte Kulturwissenschaft und Kunstgeschichte. Sie arbeitet in unabhängigen künstlerischen Projekten und als freie Autorin. In ihrer Praxis beschäftigt sie sich mit Körperpolitiken, feministischer Theorie, Sexarbeit, Kunst, Kapital und Popkultur. Zurzeit schreibt sie mit Marlene Stark gemeinsam an einem Roman und kokuratiert mit Adela Yawitz die wandernde Performance-Serie ASSEMBLE (siehe oben).

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Anna Gien: Philippe Parreno im Martin Gropius Bau. An- und aufgeregt. Vielleicht deshalb, weil mir das alles irgendwie so egal war. Weitläufig, imposant, nüchtern. Ich mochte das mit den Fischluftballons, die stumm und schlaff unter der Decke kleben. Manchmal driftet einer vorbei, wie ein Gesicht in der Menge der Ausstellungsbesucher. Meine Freundin Zoë Claire Miller hat gesagt: „Parreno ist wie ein Pierre Huyghe, bei dem der Feenstaub fehlt.“ Zoe hat eigentlich immer recht.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Wahrscheinlich bin ich eine Kulturoma. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich mir eingestehen konnte, dass es okay ist, keinen Techno zu mögen. Ich sitze also gerne an dunklen Orten ohne laute Musik, wo man rauchen und/oder Leute anglotzen kann. Im Diener zum Beispiel, im Laidak oder draußen vor der Paris Bar.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Gerade lese ich Tomas Espedals „Wider die Natur“. Ich hatte vorher noch nichts von ihm gelesen und bin schon auf der ersten Seite fast aus den Latschen gekippt. Ein unfassbarer Text. Wieso hat mir das niemand vorher gesagt?

Was ist dein nächstes Projekt?

Neben der Arbeit an ASSEMBLE schreibe ich gerade zusammen mit der Künstlerin und Musikproduzentin Marlene Stark an unserem ersten gemeinsamen Roman, der nächstes Jahr bei Matthes und Seitz erscheinen wird. Da geht es um Sex, Kunst, existenzielles Rumschludern und um die Frage nach weiblicher Subjektivität, oder so ähnlich.

Welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Kleine Dinge. Die alte Frau in der U 8, die mit einem Mikrofon aus ihrem Aldi-Trolli „My Heart will go on“ singt. Eine Taube, die ganz zerfleddert in einer Pfütze sitzt. Wenn ich etwas lese, das ich wahr und schön finde. Die Stimme meiner Oma am Telefon.