Fun,Fun,Fun

Tanzen und klatschen: Beachparty mit Brian Wilson im Admiralspalast

Es wirkt stimmig, die Leute haben eine gute Zeit. Ganz im Sinne dieser Hohelieder des Hedonismus

Von Jens Uthoff

Es war klar: Falsettgesänge würden sehr, sehr wichtig werden an diesem Abend, mit ihnen würde alles stehen und fallen. Als die ersten „Uh-ohohoohs“ und „Oh-eheheehs“ dann kräftig, klar und klangvoll durch den Saal hallen, da ist man erst mal erleichtert. Zwar kommen die hohen Töne nicht von dem in der Mitte hinter einem weißen Flügel hockenden Brian Wilson, der inzwischen eher die tieferen Tonlagen bedient, sondern von seinen Mitmusikern auf der Bühne, aber das ist nicht entscheidend: Die Songs der Beach Boys, die hier zu hören sind, sie leben. Und wie!

Brian Wilson, Mastermind und Kopf der kalifornischen Poplegende zu deren großer Zeit, gastiert am Donnerstagabend samt elfköpfiger Band im ausverkauften Admiralspalast – rund 1.700 Besucher, darunter überwiegend ältere Semester (so alt, dass ihnen der Begriff „ältere Semester“ noch geläufig ist), sind gekommen, um zu den Beach-Boys-Klassikern die ewige Jugend und den ewigen Sommer zu beschwören. Das Konzert ist Teil der (fortgesetzten) „Pet Sounds“-Jubiläumstour, auf der Wilsons Band – neben weiteren Klassikern aus dem Repertoire – das Überalbum aus dem Jahr 1966 in Gänze auf die Bühne bringt. Von den original Beach Boys ist neben Wilson noch Gitarrist Alan Jardine dabei.

Er widme die Musik Aretha Franklin, sagt Wilson als Erstes – und der Abend hätte der am gleichen Tage verstorbenen Soul-Diva sicher gefallen. Auch Wilson ist inzwischen 76 Jahre alt, er und Franklin sind eine Generation, der Beach-Boys-Barde ist heute sichtlich in seinen Bewegungen eingeschränkt. Aber nach all den gesundheitlichen Problemen, nachdem er in den Achtzigern dem Tod näher als dem Leben war, ist man einfach nur froh, dass dieser Mann überhaupt noch hier sitzt. Und dass man dabei ist, wie er Stücke wie „God Only Knows“ singt, in nun tiefer, melancholischer, seinem Wesen nun wohl näher kommender Stimmlage. Klavier spielt er nur sporadisch, manchmal hebt er die Hände, als wolle er dirigieren, ansonsten hockt er fast stoisch da wie die gute Seele des Surfpop.

Der Konzertabend ist dreiteilig: Zum Auftakt gibt es etwa mit „I Get Around“ und „Little Deuce Coupe“ einige Lockerungsübungen, es folgen knapp 40 Minuten „Pet Sounds“, und gegen Ende spielt die bunt zusammengewürfelte Elf die Beachparty-Hits. Insbesondere die „Pet Sounds“-Stücke sind toll, man spürt in jedem Moment die ganze Größe des Werks. Die reiche Instrumentierung des Albums findet sich auch hier – Querflöte, Vibrafon, Gitarre, Bass, Saxofon, drei Synthesizer, Schlagzeug, üppig Percussion, alles ist da. Und das ausführende Personal wiederum nähert sich diesem Material mit aller gebotenen Ehrfurcht. Wenn man überhaupt jemanden hervorheben will, dann ist es Sänger und Gitarrist Matt Jardine, der Sohn des Beach-Boys-Gitarristen, der nebst Papa auf der Bühne steht. Er sorgt dafür, dass Stücke wie „You Still Believe in Me“ prächtig strahlen. Einige Songs – etwa „Don’t Talk“ – singt er im Duett mit Wilson, es sind die großen Momente dieses Abends. Aber eigentlich sollte man bei dieser Elf von einer geschlossenen Mannschaftsleistung sprechen. Ein Ersatzspieler kommt übrigens zwischendurch auch noch aufs Feld: Es ist Blondie Chaplin, der in den Siebzigern auch zwischenzeitlich Beach-Boys-Mitglied war.

Vom ersten Lied an erhebt sich das Publikum von den Plätzen, die meisten verbringen den Abend tanzend und klatschend. Eine öde Klatschveranstaltung ist es trotzdem zu keinem Zeitpunkt; es wirkt stimmig, die Leute haben eine gute Zeit. Ganz im Sinne der Hohelieder des Hedonismus, die Wilsons Combo auch im Laufe des Abends spielt: „Dance, Dance, Dance“ und „Fun, Fun, Fun“.