Aktivistin über Seehofers Ankerzentren: „Mit Würde behandelt werden“

Jane Abuya aus Kenia hat mit der Initiative „Women in Exile“ Seehofers Ankerzentren in mehreren Städten besucht. Die Tour endet am Samstag in Potsdam.

Szene vor einem Ankerzentrum in Bayern: Hinter einem Zaun steht ein Sicherheitsmann, vor ihm viele Menschen, auch eine Frau mit Kind auf dem Arm

Manching, Bayern: Ab 1. August 2018 Ankerzentrum, davor Transitzentrum Foto: dpa

taz: Frau Abuya, Sie sind bis Sonntag mit „Women in Exile“ auf zweiwöchiger Deutschlandtour. Warum?

Jane Abuya: Wir haben uns auf den Weg gemacht, um gegen Rassismus und diskriminierende Asylgesetze laut zu werden. Dieses Jahr haben wir viele Stationen in Bayern besucht, weil die Situation dort besonders schlimm ist.

Bayern ist die Heimat von Innenminister Horst Seehofer.

Wir wollen gegen Seehofers rassistische Politik, seine Ankerzentren, brutale Abschiebungen und die Kriminalisierung von Flüchtlingen demonstrieren. Das, was in Bayern ausprobiert wird, wird auch bundesweit umgesetzt.

Welche Stationen haben Sie konkret besucht?

Wir sind in Potsdam losgefahren und haben zum Beispiel die gerade eingerichteten Ankerzentren in Bamberg, Regensburg und Deggendorf besucht. Währenddessen wurden wir immer mehr: Gerade sind wir in Basel, wir sind 200 Frauen, 30 Kinder und ungefähr 20 Männer, die uns unterstützen. Es passen gar nicht mehr alle in unseren Bus, sodass manche mit dem Zug fahren müssen.

Was haben Sie in den Ankerzentren gesehen?

Die Initiative wurde 2002 von geflüchteten Frauen in Brandenburg gestartet und kämpft für die Rechte geflüchteter Frauen und Kinder. Die diesjährige Tour ist ihre dritte. Sie startete in Potsdam und führte über Magdeburg, Leipzig, Halle, Nürnberg, Regensburg, München, Freiburg und Basel nach Frankfurt am Main. Die Tour endet am Samstag am Ausgangspunkt: in Potsdam.

Die Zentren sind riesig, aber es gibt keinerlei Privatsphäre. In Deggendorf ist, einen Tag bevor wir ankamen, ein Mann gestorben. Er war krank, konnte aber nicht ins Krankenhaus, weil er keine Versicherung hatte. Die Frauen, die wir dort getroffen haben, waren sehr aufgeregt und traurig. Es war schrecklich.

Wie haben Sie es geschafft, überhaupt in die Zentren reinzukommen?

Wir sind in kleinen Gruppen hingegangen und haben gesagt, wir wollen jemanden besuchen. Wir hatten Kontakte zu Frauen aus Afghanistan, Afrika und Asien in den Zentren. Wir mussten unseren Ausweis bei der Security abgeben, konnten dann aber rein.

Haben Sie während der Tour auch mit PolitikerInnen gesprochen?

Nein, aber ich hoffe, dass unsere Botschaften die Politik auch ohne direkte Treffen erreichen. In Erding haben wir zum Beispiel vor einem Gefängnis protestiert. Im Gefängnis werden auch Geflüchtete festgehalten. Eine Frau, mit der wir nur zehn Minuten am Telefon sprechen konnten, kam ins Gefängnis, als sie schwanger war. Sie hatte eine Fehlgeburt, aber sie ist immer noch dort. Sie hat erzählt, wie traumatisierend die Erfahrungen für sie sind. Sie wird behandelt wie eine Kriminelle, aber ist ihr einziger Fehler, geflohen zu sein.

Wie hat Ihr Protest ausgesehen?

Wir haben einen Workshop dazu gemacht, wie man Abschiebungen stoppen kann. Und wir haben vor dem Gefängnis ein „Open Mike“ veranstaltet, um unsere Sorgen, Wünsche und Forderungen auszudrücken.

30, ist Kenianerin und lebt in Berlin. In einem Lager im Barnim wurde sie vor drei Jahren auf „Women in Exile“ aufmerksam und ist seitdem bei der Initiative aktiv.

Was fordern Sie?

Geflüchtete dürfen nicht wie Kriminelle behandelt werden. Abschiebungen müssen abgeschafft werden, die Residenzpflicht genauso. Viele Frauen konnten nur einen Teil der Tour dabei sein, weil sie sich nicht frei bewegen dürfen. Wir wollen mit Würde behandelt werden.

Wie war die Tour für Sie persönlich?

Wir haben viele Frauen getroffen, die absolut hoffnungslos waren und nur auf ihre Abschiebung gewartet haben. Manche von ihnen haben dann an unseren Workshops teilgenommen, und ich konnte sehen, wie sie wieder Energie und Lebenswillen bekommen haben. Sie haben andere Frauen gesehen, die Ähnliches durchgemacht haben, und sie haben Ideen davon bekommen, wie sie sich organisieren können.

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