Sylt wird einsame Spitze

Der Zustand der Marschbahn ist mies

Die Reichen und Schönen, so heißt es ja immer, bleiben gern unter sich. Da haben es die Sylter gut, könnte man meinen: Das Untersichbleiben fällt dort nämlich besonders leicht. Mieten und Hauspreise sind für Normalverdiener schon seit Jahren nicht mehr zu bezahlen. Und auch die Bahnverbindung zum Festland via Hindenburgdamm schreckt durch ständige Zugausfälle, Verspätungen und zu wenig eingesetzte Wagen das lästige Fußvolk ab.

Blöd nur, dass es ausgerechnet jene sind, die auf Sylt die Böden wischen, Louis-Vuitton-Taschen verkaufen und im Gogärtchen den Kaffee servieren, die es immer seltener auf die Insel schaffen. Weil sie auf dem Festland wohnen müssen, auf der Insel jedoch arbeiten, sind sie täglich auf der Marschbahnstrecke unterwegs.

Aber die Zahl derer, die sich das jeden Tag antun wollen, wird immer kleiner, und das wird dann auch für die Sylter ein Problem: Unternehmer klagen, dass Fachkräfte aufs Festland abwandern und sogar die Zahl der BewerberInnen sinkt, weil die Zustände auf der Marschbahnstrecke so abschreckend sind. Viele freie Stellen auf der Insel können nicht mehr besetzt werden. Der Kreis Nordfriesland lädt deshalb zum nunmehr zweiten Bahngipfel am 28. August ein. Dort können Interessierte unter anderem mit Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP), dem Landrat Dieter Harrsen, VertreterInnen der Bahn, dem Sylt Marketing und der Pendlerinitiative diskutieren.

Aber alles diskutieren hilft wohl nichts, wenn, wie der Kreis Nordfriesland in seiner Einladung schreibt, „die Pünktlichkeit der Züge auf der Strecke 15 bis 20 Prozent unter dem Landesdurchschnitt“ liegt. Und das, obwohl immer wieder „Sofortmaßnahmen“ angekündigt und auch umgesetzt werden, wie zuletzt der lang ersehnte Einsatz von Doppelstockwaggons.

160 Millionen Euro sollen in die „Kernsanierung“ der eingleisigen Strecke fließen, bis Ende 2019 sollen unter anderem die Bahnsteige verlängert werden. Ob nicht auch ein zweites Gleis mal eine gute Idee wäre, will sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nach einem Gespräch mit Bernd Buchholz überlegen – Ende des Jahres, so heißt es, stünden auf Bundesebene Entscheidungen zu dem Thema an.

Der Bahngipfel findet übrigens auf dem Festland in Niebüll statt. Die betuchten SyltbewohnerInnen brauchen sich mit den Problemen des Fußvolkes also nicht zu belasten, vermutlich würden sie es ohnehin nicht pünktlich schaffen. Karolina Meyer-Schilf