Leihräder ab auf die Straße

Verkehrspolitik ist prägendes Thema der Fraktionsklausur der Grünen in Hamburg

Den Fußgängern wollen die Grünen mehr Platz und Sicherheit verschaffen

Von Stefan Alberti

Die Grüne-Abgeordnetenhausfraktion ist mit wuchtigen Forderungen zur Verkehrspolitik, aber ohne die zuständige Senatorin Regine Günther in ihre Klausur in Hamburg gestartet. „Die Verkehrssenatorin hat um eine Minute den Zug verpasst“, hieß es von der Pressestelle der Fraktion, als der ICE 806 den Berliner Hauptbahnhof verließ.

In Hamburg schauten sich die Grünen am Mittwoch unter anderem an, was es dort für Ideen für E-Busse und neue Fußgängerpolitik gibt. Im Gepäck hatten sie einen tags zuvor gefassten Beschluss zum Thema Fußverkehr in Berlin: Leihräder sollen nicht länger wie private Fahrräder auf Gehwegen abgestellt werden dürfen. „Wir schlagen vor, dass Leihräder wie Motorräder und Roller zum Parken auf der Straße verpflichtet werden“, sagte Fraktionschefin Antje Kapek. Durchsetzen sollen das Ordnungsamt und Polizei. Wie diese beiden generell über Überlastung klagenden Behörden das zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben erledigen sollen, ließ Kapek offen.

Der Vorstoß gehört zu den Überlegungen für den zweiten Teil des Mobilitätsgesetzes, der sich mit dem Fußverkehr befassen und im Herbst entstehen soll. Den ersten, vom Radverkehr geprägten Teil des Mobilitätsgesetzes hatte das Abgeordnetenhaus Ende Juni beschlossen. Mehr Platz und Sicherheit wollen die Grünen den Fußgängern auch durch zwei weitere Änderungen verschaffen: „Falsch parkende Autos auf markierten Straßenquerungen und an abgesenkten Bürgersteigen sollen konsequent abgeschafft werden“, lautet der Fraktionsbeschluss.

Die Arbeit des Ordnungsamts soll dadurch erleichtert werden, dass dessen Mitarbeiter anders als bislang sofort mit einem Abschleppdienst vor Ort gehen können, statt dort bis zu einer Dreiviertelstunde untätig auf den Abschleppwagen warten zu müssen. Dieses Modell praktiziert laut Fraktionschefin Kapek neuerdings erfolgreich der Bezirk Neukölln. Sie würde sich sogar wünschen, dass die Abschleppunternehmen unter genauen Vorgaben selbst Falschparker abschleppen oder umsetzen dürfen, ohne dass wie bisher ein Mitarbeiter des Ordnungsamts dabei sein muss. Davon verspricht sie sich deutlich mehr Wirkung. Anders lautende bisherige Vorschriften lassen sich aus ihrer Sicht ändern. Zum Einwand, abschleppen sei nur erlaubt, wenn der Falschparker eine Gefahr darstelle, sagt der Verkehrsexperte der Fraktion, Harald Moritz: „Zugeparkte Querungen gefährden eindeutig Fußgänger, deshalb ist Abschleppen zulässig.“

Entspannung an Ampeln für ältere und langsamere Fußgänger sollen zudem längere Grün-Phasen bringen. Die Grünen orientieren sich dabei laut Moritz an einer Forderung der Fußgänger-Lobby Fuß e. V.: Demnach soll pro Meter eine Sekunde Zeit sein – bislang sind laut Moritz pro Sekunde 1,2 Meter zurückzulegen. Bei breiteren Straßen soll es neue Mittelinseln geben, außerdem fordern die Grünen mehr Zebrastreifen.

Zum Start in Hamburg rollten die 27 grünen Abgeordneten samt Mitarbeitern fast lautlos in einem Elektrobus vom Hauptbahnhof zum ersten Termin bei der Hamburger Hochbahn. Von bis zu 60 Kilometer Reichweite und fünf bis sieben Minuten Aufladezeit erzählt der Fahrer der taz. Hamburg und Berlin kooperieren laut Fraktion beim Buskauf, um sich eine bessere Position gegenüber den Produzenten zu verschaffen. „Unser Hauptproblem ist, dass die deutschen Hersteller diese Entwicklung ein bisschen verschlafen haben“, sagte Kapek.

Bei der Hamburger Hochbahn – dort mit der mit dem nächsten Zug nachgekommenen Verkehrssenatorin Günther – gab man sich zuversichtlicher. „An den Herstellern wird es nicht scheitern“, sagte Hochbahn-Chef Henrik Falk, der bis 2016 Vorstandsmitglied bei der BVG war. Für viel entscheidender hält er, die In­frastruktur – Leitstelle und Betriebshöfe – passend für den E-Betrieb umzubauen. Ab 2020 will die Hochbahn nach eigenen Angaben nur noch emissionsfrei angetriebene Fahrzeuge für seinen 1.500-Busse-Wagenpark kaufen.