Eine Nummer zu groß

Der FC St. Pauli verliert gegen den 1. FC Köln nach 2:0-Führung noch mit 3:5. Ohne den nach Köln gewechselten Lasse Sobiech gleicht die Abwehr einem Hühnerhaufen

Isser drin? Isser! Kölns Simon Terodde (Mitte) feiert seinen Elfmeter Foto: Chistian Charisius/dpa

Von Marco Carini

Am Ende war Applaus. 29.500 Fans, sowohl die des Kölner wie auch die des Hamburger Teams, zollten den total ausgepumpten Spielern Standing Ovations. Noch lange nach dem Abpfiff hallten „St.Pauli, St.Pauli“-Rufe durch das Millerntor. Dabei hatten die Hamburger nicht einen grandiosen Sieg errungen, sondern gerade eine bittere Niederlage kassiert. Nach 2:0-Führung hatten sie gegen den 1 FC. Köln noch mit 3:5 (2:2) verloren.

Für die Hamburger galt das Spiel als Standortbestimmung. Nach einer Saison Abstiegskampf will der FC St. Pauli diesmal oben mitspielen. Mit Köln kam nun der Top-Favorit auf den Aufstieg und aktuelle Tabellenführer ans Millerntor – ein Team, das Spitzenakteure wie den deutschen Nationalspieler Jonas Hector in seinen Reihen hat. Die Frage lautete: Ist St. Pauli da auf Augenhöhe? Am Ende fand Trainer Markus Kauczinski eine eindeutige Antwort: „Uns fehlt die letzte Qualität, um ganz mithalten zu können.“

Zunächst sah es am Sonntag nach Augenhöhe aus. Die Kölner hatten zwar die ersten Chancen, brachten sich dann aber bereits nach zwölf Minuten selber aus der Spur. Einen katastrophalen Fehlpass des Kölner Marcel Risse nahm der holländische Neuzugang Henk Veerman geschickt auf und schloss überlegt zur Hamburger 1:0-Führung ab. Von da an bestimmten die Hausherren die Partie und zogen nach 23 Minuten mit 2:0 davon. Christopher Buchtmann flankte aus abseitsverdächtiger Position auf Jeremy Dudziak, der freistehend per Kopf das Tor traf.

Fortan spielten sich die Hamburger in einen Rausch und hatten mehrfach die Möglichkeit, die Vorentscheidung zu erzielen. Doch während St. Pauli es versäumte nachzulegen, zeigte nun Köln, welche Qualität seine Offensivabteilung hat. Und das die Achillesferse der Hamburger die Abwehr ist, die vergangene Saison noch der stabilste Mannschaftsteil war. Doch mit der Verletzung von Christopher Avevor und nach dem Abgang von Lasse Sobiech glich die zentrale Defensive zwischen der dreißigsten und sechzigsten Minute einem Hühnerhaufen und kassierte in dieser Zeit gleich vier Treffer. „Die Tore fielen zu leicht“, ärgerte sich Kauczinski nach der Partie.

„Wenn du drei Tore schießt, darf das nicht bedeuten, dass der Gegner die drei Punkte mitnimmt“

Uwe Stöver, Sportchef des FC St. Pauli

Vermisst wurde vor allem Lasse Sobiech, dabei stand der sogar auf dem Spielfeld, nur diesmal im Kölner Trikot. Der zu Saisonbeginn an den Rhein gewechselte Abwehrspieler (1,97 Meter) lieferte sich über 90 Minuten ein Privatduell mit dem neuen St.-Pauli-Sturmriesen Veerman. „Ich habe noch nie gegen einen so großen Spieler gespielt“, bemerkte Sobiech, „das waren heiße Duelle, die total Spaß gemacht haben.“ Am Ende stand es Unentschieden zwischen den beiden Neuzugängen – Veerman war Sobiech beim ersten Treffer zwar entwischt, fortan aber hatte der Neu-Kölner seinen Kontrahenten unter Kontrolle.

Sobiechs Nachfolger in der Hamburger Abwehr hingegen, erlaubten den Kölnern Clemens (35) per Kopf, Terrode (45,53) per Abstauber und per Foulelfmeter und Guirassy (57) aus zwei Metern Tordistanz die 2:0-Führung in einen 2:4-Rückstand zu verwandeln. Christopher Buchtmann konnte zwar noch auf 3:4 verkürzen (66), bevor Özcan einen Konter in der Nachspielzeit – als St. Pauli alles nach vorne warf – zum 3:5 abschloss.

Die beste Zweitliga-Abwehr der Vorsaison hat nun in den letzten zwei Ligaspielen 9 Tore kassiert und damit mehr Treffer eingefangen als jedes andere Team der Spielklasse. Auch Sportchef Uwe Stöver hat dieses Problem erkannt: „Wenn du drei Tore schießt, darf das nicht bedeuten, dass der Gegner die drei Punkte mitnimmt.“