Bayerisches Polizeiaufgabengesetz: Allianz gegen die Orbánisierung

Grüne, FDP und Linke reichen eine Verfassungsklage gegen das Polizeiaufgabengesetz in Bayern ein. Markus Söder nennt sie eine „humoreske Truppe“.

Katrin Göring-Eckardt, Dietmar Bartsch und Christian Lindner sitzen in einer Reihe vor einer blauen Wand im Saal der Bundespressekonferenz

In seltener Eintracht vereint: Katrin Göring-Eckardt, Dietmar Bartsch und Christian Lindner (v. l. n. r.) Foto: dpa

BERLIN taz | Grüne, FDP und Linke klagen gemeinsam vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz. Die Ausweitung der Polizeibefugnisse in Bayern sei „ein Angriff auf die Grundrechte. Die CSU in Bayern ist auf einem Kurs Richtung Orbán“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner am Montag. Die drei Fraktionen stellen mehr als ein Viertel der Bundestagssitze und können damit ein Normenkontrollverfahren beantragen.

Aspekte der Terrorismusabwehr würden in Bayern fahrlässig in den Bereich der Alltagskriminalität übertragen, das Polizeigesetz etabliere den Generalverdacht, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. „Die Bürgerrechte müssen vor der CSU geschützt werden.“ Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte, „wir sind der Auffassung, dass es hier Verstöße gegen das Grundgesetz gibt“.

Alle Bundesländer sind derzeit dazu verpflichtet, ihre Polizeiaufgabengesetze an die neuen EU-Datenschutzrichtlinien und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz anzupassen. Bayern geht dabei weiter als andere Länder. Besonders umstritten ist Artikel 9 des im Mai vom Landtag beschlossenen Polizeigesetzes. Die bayerische Polizei muss demnach keine „konkrete Gefahr“ mehr begründen, um die Überwachung einer Person anzuordnen. Eine „drohende Gefahr“ ist ausreichend.

Gegen die Gesetzesnovellen hatten in München mehr als 30.000 Menschen demonstriert. Die Landesverbände von Grünen, FDP und SPD haben bereits Klage vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht.

„Vorerst keine permanente Zusammenarbeit“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, er sei „gelassen, weil wir fest überzeugt sind, dass das, was wir vorgeschlagen haben, verfassungsgemäß ist“. Die Klägergemeinschaft von FPD, Grünen und Linken bezeichnete er als „humoreske Truppe“. Auch in den sozialen Netzwerken wurde zunächst besonders die ungewöhnliche Konstellation kommentiert. Die Fraktionschefs witzelten bereits während der Pressekonferenz, dass es vorerst keine permanente Zusammenarbeit geben werde.

„Die Klage ist nicht überraschend, aber wir bedauern die Kritik. Wir leben in gefährlichen Zeiten und die Bayern nehmen den Schutz ihrer Bevölkerung ernst“, sagte Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Das bayerische Gesetz sei ein gutes Vorbild für ein bundesweites Polizeigesetz.

Am 14. Oktober wird in Bayern gewählt. Laut Umfragen steht die CSU bei 36 Prozent. Die Grünen wären mit rund 16 Prozent ein möglicher Koalitionspartner. Sollte das Polizeigesetz so bleiben, wie es ist, „wird das natürlich eine Rolle bei potentiellen Regierungsgesprächen spielen“, sagte Göring-Eckardt. FDP und Linke betonen die bundespolitische Bedeutung der Klage: ein wichtiger Schritt in der bundesweiten Überarbeitung der Sicherheitsarchitektur.

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