crime scene
: In Louisiana sieht es überhaupt nicht gut aus für den Niederländer

Daan & Thomas Heerma van Voss: „Zeuge des Spiels“. Aus dem Niederländischen von Ulrich Faure. Schöffling, Frank­furt/M. 2016, 304 S., 18 Euro

New Orleans zur Zeit des Mardi Gras. Eine Studentin wird ermordet, man findet ihre Leiche im Sumpf. Ihr Freund Alexander, ein aus den Niederlanden stammender Kommilitone, soll sehr eifersüchtig gewesen sein, und die junge Frau hatte offenbar noch andere Liebhaber. Der Niederländer wird verhaftet. Es sieht nicht gut für ihn aus, denn die Presse ist gegen ihn, und die Geschworenen sind nur allzu leicht durch die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Das niederländische Brüderpaar Daan und Thomas Heerma van Voss (beide haben zuvor schon eigene Bücher veröffentlicht) hat mit diesem Thriller seinen ersten gemeinsamen Roman vorgelegt: eine gelungene Zusammenarbeit. „Zeuge des Spiels“ ist nicht nur spannend, sondern auch auf eine Art gut geschrieben, die bei der Lektüre das Gefühl eines gewissen literarischen Mehrwerts vermittelt. Zudem endet der Roman mit einem gewissen Kniff; denn trotz einer finalen Auflösung steht am Schluss doch ein großes, irritierendes Fragezeichen. Das ist wahrscheinlich mit ein Grund dafür, dass die Autoren die Handlung nach Louisiana verlegt haben. Denn hier steht auf Mord noch die Todesstrafe.

Um seinem Sohn Alexander beizustehen, reist der ehemalige Psychoanalytiker Aron Mulder aus den Niederlanden nach New Orleans. Er hat den jungen Mann seit Jahren nicht mehr gesehen – genauer, seit Arons Frau, Alexanders Mutter, Opfer eines ungeklärten Mordes geworden ist, für den Aron selbst eine Zeitlang in Untersuchungshaft saß. Nun ist es Alexander, der im Gefängnis sitzt und seine Unschuld beteuert, von seinem Vater aber nichts wissen will. Aron engagiert dennoch einen Privatdetektiv und stellt darüber hinaus eigene Ermittlungen an. Binnen Kurzem findet er mehrere weitere Verdächtige. Und bald gibt es einen weiteren Toten …

Das Geschehen wird aus der Perspektive zweier Figuren erzählt. Die eine ist Aron Mulder, dessen Leben und Vorleben schon der Ermordung seiner Frau wegen großes Drama darstellt. Im Vergleich dazu bleibt die zweite Hauptfigur etwas blass und fällt eher in die Kategorie „gut gemeint“. Und dabei ist Hanna, die Polizistin, doch der Prototyp einer starken Frauenfigur. Auch bei Hanna wird ein Trauma im Hintergrund angedeutet, und auch ihr Privatleben wird auf ungute Weise mit in die Mordermittlungen einbezogen. Auch Hanna hat begründete Zweifel an Alexan­ders Schuld; und wenn nur Aron und Hanna bei den Ermittlungen zusammenarbeiten würden, wäre der Roman wahrscheinlich schnell zu Ende.

So aber ist die Handlungslogik das Einzige, was in diesem Roman etwas auf der Strecke bleibt. Hanna und Aron sind beide auf ihre Art EinzelkämpferInnen, und nur weil das so ist, passiert das, was hier passiert. Andererseits wird genau dieser Umstand nicht wirklich pointiert herausgearbeitet, was die Handlung weniger dramatisch schicksalhaft erscheinen lässt, sondern ihr im Gegenteil etwas stark Konstruiertes gibt. Dasselbe gilt für die eigentliche Auflösung. Denn wenngleich die Figurenpsychologie im Allgemeinen sorgfältig und glaubhaft herausgearbeitet ist, so gilt das ausgerechnet für den Täter nicht, dessen Motivation und psychische Disposition praktisch völlig im Dunkeln bleiben.

So fühlt man sich zum Schluss hin dann doch etwas zu sehr mit billigen Effekten abgespeist. Aber Schwamm drüber. Auf jeden Fall danke für die spannende Ferienlektüre.

Katharina Granzin