Polizei macht Eimer zu Waffen

Während die Räumung in mehreren Baum­hausdörfern im Hambacher Wald am Montag weitgehend friedlich fortgesetzt wurde, sorgte ein Tweet für große Aufregung, den die Polizei-Pressestelle am Vortag abgesetzt hatte. Darin hatte sie vor „Lebensgefahr für alle“ durch angebliche „Fallen“ im Wald gewarnt. „Mittels einer Drahtseilkonstruktion wurde ein mit Beton & Schutt gefüllter Eimer in die Höhe gezogen“, hieß es darin. „Beim Auslösen der Falle fällt der Eimer in die Tiefe.“ Viele PolitikerInnen, darunter der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), hatten die Information weiterverbreitet.

AktivistInnen hatten die Behauptung, dass es sich bei den Eimern um Fallen handelt, zurückgewiesen. „Solche Eimer mit Seilen werden im Boden verankert, zum Beispiel, um Kletterseile zu stabilisieren“, sagte ein Aktivist unter dem Namen „Momo“ der taz. Der junge Mann, der als eine Art Sprecher der Baumhausbewohner agiert und seinen Namen nicht nennen wollte, vermutete, dass mit dem Tweet der Protest gezielt diskreditiert werden sollte.

Dass es sich um Befestigungen im Boden handelte, würde zu den Bildern passen, die die Polizei verbreitet hatte. Auf dem Bild befindet sich der Eimer auf dem Boden; am oberen Rand und an den Seiten ist Erde zu erkennen.

Die Pressestelle der Polizei bestätigte der taz am Nachmittag, dass der Eimer sich – anders als im Tweet dargestellt – nicht in der Luft, sondern am Boden befunden habe, als er aufgefunden wurde. Komplett zurücknehmen wollte man den Alarm aber auch nicht. „Aus Sicht der Polizei hätte der Eimer in die Höhe gezogen und beim Passieren von Polizeibeamten zu Boden fallen gelassen oder als Pendel eingesetzt werden können“, hieß es. Zudem seien in der Nähe Tarnkleidung und Schraubenmuttern sowie Pyrotechnik gefunden worden. Die Frage, ob der Eimer ursprünglich im Boden vergraben worden war, blieb unbeantwortet.

Unterdessen setzte die Polizei die Räumung von Baumhäusern fort. Bis zum Nachmittag wurden 28 Häuser geräumt und 19 zerstört, hieß es. Insgesamt gibt es im Wald 50 bis 60 Baumhäuser. Die AktivistInnen, die gegen die Rodung des Waldes und den Abbau der darunterliegenden Braunkohle protestieren, zogen sich teilweise auf Seile und Hängebrücken zurück, um ihrer Festnahme zu entkommen. Dabei kam es vereinzelt zu gefährlichen Situationen, als an Bäumen gesägt wurde, auf denen sich noch Menschen befanden.

Nach der Räumung mehrerer Sitzblockaden waren die Baumhäuser der „Gallien“ genannten Siedlung am Mittag von fünf großen Hubsteigern umgeben, von denen aus sich Polizei- und SEK-Kräfte mit Kletterausrüstung und Motorsägen auf die Baumhäuser zubewegten.

Strafanzeigen wurden nur bei Widerstand gegen die Räumung erstattet. Insgesamt war die Stimmung trotz der Einsätze in 15 bis 25 Meter Höhe einigermaßen entspannt. Eine Cellistin, die zusammen mit der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig in den Wald gekommen war, spielte mit ihrem Instrument gegen das Kreischen der Sägen an – mit Stücken aus der 1. Cello-Suite von Johann Sebastian Bach.

Mit Unverständnis reagierte die Evangelische Kirche in Deutschland auf die Rodungspläne. „Wir betrachten die Vorbereitung der Rodung zum jetzigen Zeitpunkt als ein fatales Zeichen der Infragestellung der Klimaschutzziele, die sich die Bundesregierung selbst gesetzt hat“, erklärten der Beauftragte des Rates der EKD für Umweltfragen, Hans Diefenbacher, und die Referentin für Nachhaltigkeit im Kirchenamt der EKD, Ruth Gütter.

Kritik kam auch vom Umweltverband Naturfreunde Deutschlands. Dessen Vorsitzender, Michael Müller, warf RWE eine „starre und rückwärtsgewandte Haltung“ vor.

Malte Kreutzfeldt