das portrait
: Christian Meyerspielt auf Angriff

Kennt seine Vorzüge: Christian Meyer Foto: Swen Pförtner/ dpa

Jetzt übernimmt er also einen der zwei Sprecherposten im Vorstand der Niedersachsen-Grünen. Natürlich steht da noch eine Wahl davor, und überhaupt muss Christian Meyer erst einmal offiziell erklären, nicht nur, dass er sich’s vorstellen kann, sondern, dass er wirklich antritt. Und der jetzige Inhaber, Stefan Körner, 41, aus Friesland, hat keine Lust, zurückzuziehen. Auch ist Körner ein lieber Kerl und hatte, seit er 2014 ins Amt gekommen war, bereits die Idee, sich einen Bart stehen zu lassen.

Nicht nur in dieser Hinsicht ist Meyer das glatte Gegenteil von Körner: Er entwickelt in fünf Minuten mehr konzeptionelle Vorschläge für eine umweltverträgliche, inklusive Politik, als er in einer halben Stunde erläutern kann – dabei redet er schneller als sein Schatten. Zugleich hat der Ex-Landwirtschaftsminister, der in seiner angefressenen Amtszeit die ökologische Agrarwende sogar in den Köpfen vieler Bauern des Acker- und Fleischindustrielands Nummer 1 so weit verankert, dass der Versuch seiner Nachfolgerin Barbara Otte-Kinast (CDU), das alles unterzupflügen, Begeisterung nur noch bei Landvolkfunktionären weckt.

Meyer, dem man nicht schmeicheln kann, weil er seine Vorzüge kennt, weiß auch, wann es sinnvoll und wichtig ist, auf Entwicklungen zu reagieren: Wenn der Parteivorstand es verpennt, der neuen Spitzenkandidatin des Nachbarbundeslandes Bremen öffentlich zu gratulieren, Meyer macht’s, auf Facebook.

Und ihm gelingt es, den politischen Gehalt von Nachrichten zu erfassen und die Pointe zu setzen, etwa wenn es um die seit Wochen unlöschbaren Moorbrände bei Meppen geht. Zu denen schweigt die Regierung als wär’s die normalste Katastrophe der Welt, die FDP hält still und auch der außerparlamentarischen Linken fällt nichts dazu ein. Meyer hingegen weist auf die Schieflage hin, dass „nach diesem Hitzesommer in ausgetrockneten Mooren Schießübungen mit Luft-Boden-Raketen“ veranstaltet worden sind, während doch die Bürger*innen zurecht aufgerufen gewesen seien, „kein Feuer zu machen oder Zigaretten achtlos wegzuwerfen“. Und er fragt nach der Verantwortung – von Landesregierung und der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aus Wahlkreis Hannover II. Nimm dies, Röschen!

Vor zwei Jahren hat Körner, gegen den Meyer sich vorstellen kann, anzutreten, nach seiner ersten Amtszeit gesagt, er müsse „vielleicht politischer werden“. Ob er das kann ist ungewiss. Bei Meyer nicht. Benno Schirrmeister