Anja Maier
Bauernfrühstück
: Bleibt um Gottes Willen,
wo ihr seid

Foto: Ute Mahler/Ostkreuz

Hilfe! Sie! Kommen! Nein, mit HSK sind hier nicht die Hochsauerländer und ihr ungemein sprechendes Kfz-Kennzeichen gemeint. Sondern Frederik Fischer und seine Bande.

Kennen Sie nicht? Beten Sie, dass es so bleibt! Frederik Fischer mag ein netter junger Mann sein. Er leitet ein Newsportal für Qualitätsjournalismus, was unbedingt für ihn spricht. Aber, so musste ich meiner Heimatzeitung entnehmen, „Frederik Fischer hat das Stadtleben satt – und will aufs Land“. Und das Land, das sind dann wir. Wir Brandenburger. „Um nicht alleine zu sein, hat er gemeinsam mit einem Team aus Architekten und Handwerkern einen Plan: Er will ein neues Dorf aufziehen – am liebsten in Brandenburg“, lese ich. Aber sorry, Frederik, bitte bleib, wo du bist. Wenn du „stadtmüde“ bist, schlaf dich einfach mal richtig aus, dann klappt's auch wieder mit der City und dir.

Nichts gegen Menschen, die mal was Neues ausprobieren wollen. Aber Brandenburg ist kein Siedlungsgebiet, wo wir nur darauf warten, dass eine geballte Ladung Hipster anlandet, um ein fancy „Kodorf“ aus dem märkischen Sand zu stampfen. Wollten wir das, bräuchten wir das gar – wir würden zu diesem Zweck in die Großstadt ziehen. Aber genau das tun wir ja nicht. Und zwar – sorry, aber kommt klar drauf – weil wir es genauso haben wollen, wie es jetzt ist.

Nebenbei: Es ist nicht so, dass in Brandenburg Ömchen nur darauf warten, dass junge Leute kommen, um ihnen ihr Grundstück für einen schmalen Taler abzunehmen. Brandenburg ist im Grunde ausverkauft. Und das ist auch gut so, wenn ich mir die Wortwahl vom smarten Frederik vergegenwärtige. „Digitales Nomadentum“, „die Natur nutzen“, „Steigerung der Lebensqualität um 300 Prozent“ – mir wird schon ganz blümerant. Erinnert das doch fatal an all die harmlos wirkenden Leute, die vor dreißig Jahren in den Prenzlauer Berg kamen, um dort – erstens – ihre sozialen Standards zu setzen und dann – zweitens – der Einfachheit halber alles aufzukaufen. Wegen dieser Leute bin ich einst aus der Stadt weggezogen. Bitte lasst mich jetzt in Ruhe!

In Brandenburg soll diese Gentrifizierung auf Landliebe-Niveau auch funktionieren: Kommen, kaufen, unter sich bleiben. Ich möchte nicht verhehlen, dass auch ich ganz froh wäre, wenn es bei uns draußen endlich einen Biosupermarkt gäbe, im Kino mal was anderes als Blockbuster liefen oder die Taktung der Vorortbahn dichter würde. Aber nicht um den Preis, dass Frederik & Friends sagen, wo's ab jetzt lang geht.

Die Fünftage-vorschau

Do., 27. 9.

(auf taz.de)

Hannah Reuter

Blind mit Kind

Fr., 28. 9.

Peter Weissenburger

Eier

Mo., 1. 10.

Mithu Sanyal

Mithulogie

Di., 2. 10.

Doris Akrap

So nicht

Mi., 3. 10.

(auf taz.de)

Franziska Seyboldt

Psycho

kolumne@taz.de

Für den Anfang schlage ich deshalb vor, dass wir euch besuchen. Damit ihr schon mal einen Eindruck von uns bekommt. Wir bringen auch Schichtsalat in großen Tupper-Schüsseln mit und unterhalten uns mit Frederik und den anderen Digitalnomaden über effektive Maulwurf-Vergrämung. Das wird super. Und dann denkt ihr noch mal nach.