„Einfach machen“

Die Vuelta führt Radprofis auf 3.271 Kilometern durch Spanien. Auch eine Frau radelt die Strecke ab

Monika Sattler

Foto: privat

wurde vor 32 Jahren in Deutschland geboren, hat dann lange in den USA gelebt und später in Australien in der Tech-Branche gearbeitet. Im Mai 2016 hat sie beschlossen, ihr Leben dem Radfahren zu verschreiben.

taz: Frau Sattler, Ihre Vuelta-Unternehmung nähert sich dem Ende. War rückblickend mehr Freude und Vergnügen im Spiel? Oder war da mehr Verausgabung und Anstrengung? Haben Sie manchmal gedacht: Warum tue ich mir das alles an?

Monika Sattler: Diese Momente gab es eigentlich vorher. Ich musste ja alles selbst organisieren. Das war alles wesentlich schwieriger, als jetzt zu fahren. Es gab eigentlich keinen Moment, an dem ich mir gesagt habe, ich gebe jetzt auf.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Vuelta komplett abzufahren?

Ich war nicht glücklich mit meinem Job und habe gemerkt: Wenn ich jetzt wirklich etwas ändern will in meinem Leben und meiner Leidenschaft folgen, mein eigenes Ding durchziehen will, dann muss ich das einfach machen. Ich habe also meinen Job bei IBM in Australien aufgegeben und bin mit mit einer Tasche und sonst nichts nach Malaga gezogen. Ich konnte auch kein Spanisch. Klar, das war ein Riesen­risiko, es war auch die Norm, gegen das, was Gesellschaft so vorgibt.

Und die Idee mit der Vuelta?

Die kam dann wesentlich später, als ich den ersten Schritt gemacht hatte und gemerkt habe, es geht. Jetzt komme ich hier mit vielen Menschen ins Gespräch. Die wollen jetzt vielleicht nicht gleich ihren Job hinschmeißen, aber doch etwas machen, was sie sich aber sonst nicht trauen. Und meine Vuelta ist ein Zeichen dafür, dass man manchmal den Schritt machen muss, um seinen Traum zu erfüllen.

Können Sie Ihren Tagesablauf beschreiben, wann Sie aufstehen, wann Sie losfahren und wie lange Sie brauchen?

Ich stehe zwischen vier und fünf auf. Um vier, wenn es eine lange und schwere Etappe ist, bei 200 Kilometern zum Beispiel. Dann frühstücken wir um halb fünf, fahren um fünf zu Kilometer null, wo die Etappe anfängt. Und um halb sechs sitze ich meistens schon auf dem Rad. Ich fahre dann bis 13 Uhr, maximal bis 15 Uhr zum Ziel. Danach gibt es Mittagessen. Und dann fahren wir zum nächsten Hotel. Das kann bei langen Transfers auch noch zwei Stunden dauern. Und dann ist es schon fünf oder sechs. Dann dusche ich, danach schreibe ich, kommuniziere, was ich gemacht und erlebt habe. Um acht gibt es Abendessen und um neun gehe ich ins Bett.

Sie fahren ja die originale Vuelta-Strecke. Ist da schon alles aufgebaut? Wie reagieren die Organisatoren, wie die Fans?

Einmal war die komplette Beschilderung schon da, am nächsten Tag war nichts. Da habe ich schon gedacht, ich bin auf der falschen Strecke. Inzwischen ist es so, dass die Polizisten an der Ziellinie mich schon kennen. Die lassen mich durch. Es kamen auch schon Leute mit Leinwänden, auf denen mein Name stand. Oft kommen Radsportler aus der Region, manchmal ganze Teams und fahren mit mir gemeinsam die Etappe. Ich war nur an zwei Tagen allein unterwegs.

In Frankreich gibt es die Initiative „Donnons des elles au vélo“. Die Frauen fahren die Tour-de-France-Strecke einen Tag vor den Profis und setzen sich für eine Tour für Frauen ein. Haben Sie Kontakt zueinander, ein vergleichbares Anliegen?

Nein, wir haben keinen Kontakt. Ich habe auch erst spät davon erfahren. Meine Message ist auch, dass ich Leute inspirieren möchte, dass sie die Sachen, die sie wünschen, die ihnen aber unmöglich erscheinen, einfach versuchen zu machen. Das geht über den Radsport hinaus.