Gastkommentar Juden in der AfD: Abwegige Vereinnahmung

Die Vereinigung „Juden in der AfD“ steht vor der Gründung. Die Mehrheit der Juden in Deutschland wehrt sich gegen diese Vereinnahmung.

Ein Mann hält eine deutsche und eine israelische Flagge in der Hand

Verstörernd: Ein Teilnehmer einer Pegida-Demo in Stuttgart mit Deutschland- und Israel-Flagge Foto: dpa

Die AfD inszeniert sich als das „einzig große Bollwerk gegen Antisemitismus“, der ein hauptsächlich muslimisches Problem sei. Die Rechtspopulisten begründen ihre migrationsfeindliche Politik unter anderem damit, dass nur sie wirklich ohne Wenn und Aber „an der Seite der jüdischen Gemeinde in Deutschland“ stünden.

Die jüdische Gemeinde wundert sich. Die Mehrheit der Juden in Deutschland wehrt sich nämlich gegen diese abwegige Vereinnahmung. Allerdings nicht alle: Am 7. Oktober soll die Vereinigung „Juden in der AfD“ gegründet werden.

In der Partei also, die laut ihrem Grundsatzprogramm ein Schächtverbot einführen will; deren Bundestagsabgeordneter Jens Maier „den Schuldkult“ beenden würde; deren Fraktion in Potsdam antisemitische Karikaturen twittert; deren bayerische Landtagswahlkandidatin Iris Wassill über jüdische „Machteliten“ schwadroniert; deren baden-württembergischer Landtagsabgeordneter Wolfgang Gedeon die Erinnerung an den Holocaust als „Zivilreligion des Westens“ und das Judentum als „inneren Feind des christlichen Abendlandes“ darstellt.

In der Partei, deren Abgeordneter im sachsen-anhaltischen Landtag Volker Olenicak auf Facebook Fotos von Merkel mit der Aufschrift „Rücktritt der zionistischen US-Agentin“ teilt und deren Fraktionsvize in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Marzahn Bernd Pachal „die kluge Politik des Reichsprotektors Reinhard Heydrich“, Organisator der Wannseekonferenz zur „Endlösung der Judenfrage“, lobt.

In der Partei, deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag Beatrix von Storch ein Vereinsnetzwerk betreibt, das den jüdischen Philanthropen George Soros als „international tätigen Strippenzieher“ diffamiert; deren Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag Björn Höcke das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnet und eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ fordert.

Diese Partei also hat jüdische Mitglieder in ihren Reihen, und sie organisieren sich jetzt auch noch. So kann man wirklich am besten das Vorurteil widerlegen, dass alle Juden klug sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1990, ist Koordinator der Salaam-Schalom-­Initiative in Berlin und Autor des Buchs „Ein Jude in ­Neukölln“.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.