berliner szenen
: Irgendwie als korrekt vermitteln

Ich seufze. Das werd ich ja wohl hinkriegen, das mit dem Ausrufezeichen mitten im Wort, das irgendwie als korrekt zu vermitteln. Ich schmuggle doch sonst auch erfolgreich Wörter in Texte, die ich viel besser find als das Original, schreite nicht ein, wenn Schüler!nnen „Kühlschlank“ sagen statt „Kühlschrank“, lasse „Erleuchterung“ gelten als Wort, und auch „Bösenmakler“ segne ich ab als korrekt. Nur das mit dem Satzzeichen zwischen Buchstaben gepackt hab ich noch nicht so raus, wie ich das als richtig eins-a-super-echt-deutsch, muss so sein, rüberbringe.

Dabei ist das doch noch nicht mal groß ungewohnt, so vom Prinzip her. Großes I mitten im Wort gibt es schon lange, Unterstriche und Sternchen jetzt auch. Da wird doch wohl auch so ein Ausrufezeichen … Doch mein Schüler schaut noch immer stirnrunzelnd auf das Papier, wo ich sein „Partner“ zu „Partner!nnen“ gemacht hab. „Das muss so sein“, sag ich und versuch, ganz überzeugt zu klingen.

„Vielleicht lieber mit ein Unterstrich oder ein Sternchen?“ Ganz schön fortschrittlich, denk ich. Fast vergebe ich ihm den fehlenden Dativ. „Mit“, sag ich dann aber doch. „Welcher Fall war das noch mal?“

„Akkusativ?“ Oje. Fast geb ich auf, das mit „mit“ und Dativ zumindest. Das mit dem Ausrufezeichen dagegen nicht so schnell – so lang kenn ich die Idee noch nicht; ich will die testen. „Hausaufgabe“, sag ich. „Dativ, Ausrufezeichen. Sätze bilden, Singular, Plural. Vorlage: ‚Mit meinem Freund hab ich …, mit meinen Freund!nnen auch.‘ Okay?“ Er guckt irritiert. „Okay?“ Er nickt. Ich nicke zurück, lächle. Zum ersten Mal in meiner Karriere als Lehrer!n bin ich gespannt auf die Hausaufgabe, auf Sätze reihenweise nach Vorlage geschrieben von meinen Schüler!nnen. „Bis morgen“, sag ich, Ausrufezeichen am Ende, ganz groß. „Bis morgen!“ Joey Juschka