Hajo Schiff
Hamburger Kunsträume
: Zwischen Himmel und Hölle

Die Kunst ist etwas Seltsames. Aber das Beste an ihr ist, dass sie genau das auch immer wieder reflektiert. Früher war Kunst Abbild des Numinosen und diente der Religion. Das ist Gott sei Dank vorbei. Kunst ist teuflisch universalistisch und inzwischen gar selbst ein quasi religiöses System mit eigenen Ritualen und Tempeln. Und doch gibt es immer noch bekannte Hamburger Kunstschaffende, die die tradierten Religionen nicht für eine therapiebedürftige psychische Störung halten. Und so haben sich in der „Fabrik der Künste“ am Kreuzbrook elf davon gefunden, welche sich ausdrücklich zu buddhistischem, christlichem, jüdischem oder muslimischem Hintergrund bekennen – wobei „Hintergrund“ hier nicht als ein maltechnischer Ausdruck verstanden sein soll.

„HimmelHölleNichts?“ heißt das Kunstprojekt zum Thema Weltreligionen, bei dem an diesem Sonntag um 16 Uhr sogar Wolfram Weiße, der Begründer der „Akademie für Weltreligionen“, mit vier akademischen Theologen und Religionsfunktionären diverser Ideologeme darüber diskutiert, ob wir alle in den Himmel kommen. Da könnte man doch mal checken, wo da die Grenzen von Kunst, Ironie und tieferer Bedeutung verlaufen – nicht, dass da teuflisch betrübt noch eine himmelhoch jauchzende Offenbarung verpasst wird!

Gegen das genauso seltsame Geraune von maßlosem Leiden, aus dem in individueller Epiphanie die einzigartig große Kunst geboren wird – besonders beliebt im Kinofilm über geniale Kreativlinge –, wendet sich zu Recht das Künstlerkollektiv im „OK-Terrain“ in der Billhorner Kanalstraße 47. Nächsten Freitag ab 17 Uhr geht es mit der malereibetonten Gruppenausstellung los. Eine Performance von Echoel-Heinrich krönt die „Constructed Realities“ in 16 Positionen aber erst ab 22.30 Uhr.

Am besten wir feiern bewusst das Normale und schätzen die Didaktik wert. An der HfbK wird am Mittwoch um 18 Uhr das neue Semester eröffnet. Es bietet sich die Gelegenheit, die neuen künstlerisch Lehrenden Martin Boyce, Angela Bulloch, Simon Denny, Sam Durant, Ceal Floyer, Alexander Henschel, Jeanne van Heeswijk, Valentina Karga, Marcus Recht und Peter Wächtler kennenzulernen. Außerdem wird zum elften Mal der mit 7.500 Euro dotierte Hiscox-Kunstpreis verliehen. Die Ausstellung mit den Arbeiten der zwölf dafür Nominierten ist in der Eingangshalle und den Galerieräumen im zweiten Stock zu sehen. Die Arbeit an der Kunst geht also unermüdlich weiter. Und das meist ganz unspektakulär genau in der Mitte von Himmel und Hölle.