Kommentar Hambacher Forst: Politisches Erwachen

Der Aufstand für den Hambacher Forst war kein reiner Öko-Protest. Die Bewegung besteht aus verschiedenen Lagern. Das macht sie stark.

Viele Leute mit Schildern und Transparenten

Demonstrieren nicht nur für ein paar Bäume: Feiernde am Hambacher Forst Foto: reuters

Der Protest im Hambacher Forst sollte nicht als reine Ökobewegung missverstanden werden. Die 50.000 Menschen bei der Demo am vergangenen Samstag kamen aus verschiedenen Motiven, vertraten unterschiedliche Weltanschauungen. Manche hatten geklagt, andere abermals Bäume besetzt. Die meisten wollten einfach ein Zeichen setzen und die jüngsten gerichtlichen Beschlüsse feiern. Man kann sich auf ganz unterschiedliche Weise beteiligen, direkt vor Ort, dezentral in ganz Deutschland und sogar global, auch online. Man muss keine persönliche Beziehung zum Wald haben, um ihn schützen zu wollen.

Genau diese Offenheit macht die Bewegung stark. Denn es geht nicht nur um ein einzigartiges Ökosystem. Erd­erwärmung ist nicht nur ein „grünes“ Thema und keine Frage von messbaren Emissionen. Es ist eine hochkomplexe Problematik, die mit anderen politischen Kämpfen zusammengedacht werden muss. Es ist kein Zufall, dass manche Menschen unter den Folgen mehr leiden als andere.

Für eine arme Kleinbäuerin im globalen Süden – oder auch hiesige dürregeplagte Landwirte – bedeuten Klimaveränderungen schon jetzt etwas anderes als für den privilegierten Weißen, der deren Produkte im Supermarkt kaufen kann. Der bei den Kohleprotesten häufige Slogan „System change not climate change“ bringt solche Zusammenhänge auf den Punkt.

Klimawandel ist etwas so Langfristiges und scheinbar Abstraktes, dass es nicht leicht ist, damit adäquat zu politisieren. Dennoch passiert momentan genau das. Gerade junge Menschen, die noch stärker mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert sein werden als alternde Führungsriegen, erleben die Proteste im Hambacher Forst als politisches Erwachen. Verschiedene Lager – Ökos und Linke, Radikale und Bürgerliche – schließen sich zusammen.

Und das ist gut so. Nur so kann eine sinnvolle, von der Mehrheit getragene Bewegung entstehen und etwas verändern. Dieser Prozess geht nun hoffentlich genauso kraftvoll weiter, wie er sich am Wochenende zeigte.

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