das ding, das kommt
: Maschine des Marktkonformen

Sicher: Ein Computer kann den Alltag erleichtern. Aber wie harmlos ist das? Kein bisschen, sagt Werner Seppmann. Seine Kritik erläutert der marxistische Sozialwissenschaftler jetztin Hamburg Foto: Danamania/Wikimedia Commons

Erinnern Sie sich noch? An die Zeiten, als der neuen Technologie mit einer Zuversicht begegnet worden ist, die weit ins Naive hineinragend zu nennen eine Verharmlosung wäre? Als so viel davon die Rede war, nun würden alle Lebensbereiche verbessert, alle Probleme gelöst, alle den Menschen behelligenden Mängel beseitigt und Schieflagen eingeebnet? Welche Technologie, fragen Sie? Hier könnte von der Nutzung der Atomenergie die Rede sein – oder, für Werner Seppmann: dem Computer.

Seppmann ist studierter Sozialwissenschaftler und Philosoph, war Vorstandsmitglied und Vorsitzender der Wuppertaler Marx-Engels-Stiftung sowie Mitherausgeber der Marxistischen Blätter. Und ist dieser Tage in Hamburg zu Gast, um ein Buch wider jede Neue-Medien-Euphorie vorzustellen: „Kritik des Computers“ (Mangroven-Verlag, 348 S., 16,80 Euro).

Wer zur rechten Zeit an den rechten, also linken Tapeziertischen Bücher zu kaufen pflegte, dem signalisiert ja schon diese Grammatik, wie hier der Ideenhase laufen wird: Kritik plus Genitiv – also „des Computers“, keine Schwundform wie „am Computer“ –, das atmet allerbeste deutsche Geistesgröße; ein Denken, das noch vom Handschriftlichen geformt worden sein muss. Denn eben da erkennt Seppmann einen Hinweis, und wirklich nur einen von etlichen, auf die Gefährlichkeit all der digitalen Vernetztheit und algorithmenbasierten Ablenkung: Die Kinder verlernen die Schreibschrift.

Aber er bleibt nicht stehen bei solcher, dann ja auch rasch von organisierten – und also konservativen – Gymnasiallehrkräften mitgesungenen Klage. Er weist auch hin auf immer mehr Möglichkeiten zu Kontrolle und Manipulation – Facebook, Sie wissen schon. Mehr noch: „Durch die Verallgemeinerung digitaler Techniken erodieren zivilisatorische Standards, veröden Alltagsbeziehungen und wird ein marktkonformer Lebensrhythmus durchgesetzt.“

Spricht da einer mit der – wie so oft: uneingestandenen – Brille weißer Welterklärungsprivilegien, verkennend, dass andere Debattierende zu anderen Einschätzungen kommen dürften? Was ist mit Vernetzung, Kommu­nikation, Mobilisierung im nicht von Silicon-Valley-CEOs vorhergesehenen Sinn? Das kann man den Mann jetzt in Hamburg selbst fragen. Alexander Diehl

Buchvorstellung und Gespräch: Do, 18. 10.,

20 Uhr, Hamburg, Centro Sociale, Sternstr. 2