leserInnenbriefe
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Philosophische Überlegenheit

„Die Macht der Tradition“

taz Bremen vom 10. 10. 18

„Klar, christliche Kirchen haben Einfluss in Deutschland, das ist okay, das ist halt Tradition, die auch ihre Reize hat.“ Klar, 64% der Bremer sind konfessionell gebunden. Da hat es schon seinen Reiz, mit der Gewissheit der Philosophischen Überlegenheit jeden einzelnen (Un-)Gläubigen Bremer infrage zu stellen. Und weil’s ja um „Gott“ geht, den es ja eh nicht gibt, wird das argumentieren schön einfach. Da kann man denen ja auch mal eben den politischen Einfluss absprechen. Mal ehrlich. AfD und Pegida sind ex­trem konfessionsloslastig. Welche politischen Konzepte verfolgt also diese Cloud? Wie geht diese Gruppe mit der Homophobie in den eigenen Reihen um? Rudolf Fissner, taz.de

Luther wird missbraucht

„Die Macht der Tradition“

taz Bremen vom 10. 10. 18

Ja, Luther war Antisemit. Welcher „gute“ Katholik war das um 1500 nicht? Nein, es ist Luther nicht um Menschenrechte gegangen. Das Konzept individueller Menschenrechte gab es damals nämlich nicht. Es ging ihm darum, dem Wort Gottes zu folgen. Und zwar auch dahin, wo es weh getan hat. Hätte er gewusst, welche Konsequenzen seine jugendliche Renitenz haben würde, hätte er sie sich womöglich verkniffen. Später, jedenfalls, soll er das, was daraus wurde, bitter bereut haben. Anders als die meisten seiner brutalen Zeitgenossen hat Luther die Bibel ernster genommen, als heute die Charta der UN genommen wird. Den Zwangs-„Aufklärer“ von der Bruno-Stiftung scheint das so sehr zu stinken, dass nicht mal der offensichtliche Missbrauch, den sich Luther nun gefallen lassen muss durch Bremens Obrigkeit, sie versöhnen kann mit ihm. Aber ohne Luther hätte der Katholizismus vielleicht nie „brüderliche“ Konkurrenz bekommen – und Brunos „Erben“ keine Chance, einen Kirchenmann ungestraft zu verhöhnen. Dass die Stiftungs-Recken in 500 Jahren auch Welten erschüttert (und es bereut) haben werden, glaube ich nicht. Ich glaube eher, sie haben sehr viel Schwein gehabt, nicht 1500 oder 1943 auf ihre Glaubensfestigkeit in Sachen Atheismus und Judenfreundschaft hin „abgeklopft“ worden zu sein. Militante Luther-Verteidiger muss man anno 2018 in Deutschland jedenfalls mit der Lupe suchen. Ob es Luther gefallen hätte, dass Bremen ihm (gleich neben Gott) einen eigenen Feiertag widmet, werden wir nie erfahren. Heute wissen wir: Ganz ohne Widersprüche und Konflikte geht es nicht. Ohne sie nämlich führt Macht direkt in die Hölle. Nur, dass da Menschen herrschen, keine Teufel. Wenn das Luther wüsste! Mowgli, taz.de

Repressionskeule

„Von Bahnhof zu Bahnhof“

taz Bremen vom 8. 10. 18

„… die Einrichtung eines Sicherheitsdienstes, um Identitätsfeststellungen durchzuführen und infolgedessen Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs zu erstatten …“(…) Was soll denn dabei herauskommen? Strafverfahren gegen Obdachlose? Geldstrafen, die nicht gezahlt werden (können)? In der Konsequenz ein Zimmerchen (Zelle) und ein Bettchen im Knast, auf Steuerzahlerkosten? Ein bisschen unausgegoren, diese „Repressionskeule“ ohne Perspektive für die Betroffenen. Und auf welcher Rechtsgrundlage soll ein (privater) „Sicherheitsdienst“ Identitätsfeststellungen dieser (illegalen) Obdachlosen vornehmen (diese braucht’s nämlich in einem Rechtsstaat)? Es gibt keine! Thomas Brunst, taz.de