die dritte meinung
: Antisemitismus und Islamphobie gibt es nicht nur bei den Rechten, sagt Sigmount Königsberg

Sigmount Königsberg

ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Werner Schiffauer nimmt in der taz Kritik an der Konferenz „Living with Islamophobia“ im Jüdischen Museum Berlin zum Anlass, Diskriminierungen an Muslimen anzuprangern. Schiffauers Grundgedanke, Antisemitismus nicht gegen Muslimfeindschaft auszuspielen, ist richtig – aber er leistet diesem Gedanken einen Bärendienst. In seinem Beitrag verkennt er (Poseners) grundsätzliche Kritik: Dass diese Konferenz problematischen Persönlichkeiten Raum gibt. Darauf geht Schiffauer in keiner Weise ein.

Er verkennt auch, dass jüdische Menschen sich in den letzten Jahren in erster Linie durch Muslime bedroht sahen, wie der Bericht des vom Bundestag berufenen Expertenkreises Antisemitismus belegt. Alle Alarmsirenen ertönen aber laut, wenn Schiffbauer schreibt: „Was mit der Diskursverschiebung verloren ging, war die spezifische Chance für das Verhältnis von Juden und Muslimen. Diese liegt darin, dass beide in einem Drittland leben […].“

Damit negiert Schiffbauer die Zugehörigkeit sowohl von Muslimen wie von Juden zur deutschen Gesellschaft. Er macht sie zu Fremden und diskriminiert beide. Er selbst beweist – vielleicht sogar ungewollt –, wie tief Ressentiments gegen Muslime und Juden in der Mehrheitsgesellschaft vorhanden sind. Antisemitismus und Muslimfeindschaft sind eben nicht nur bei der politischen Rechten anzutreffen, sondern treffen auf einen Resonanzboden, der die gesamte Gesellschaft umfasst.

Mit seinem Paternalismus verbreitet Schiffbauer zudem das Gefühl, hier spräche der „gute Onkel“, der wisse, was „gut für die Kinder“ sei. Oder, um mit Max Czollek zu sprechen: Man wird zum Statisten reduziert.

Das Verhältnis zwischen Juden und Muslimen ist nicht einfach, zuweilen ein Minenfeld. Umso mehr liegt es an jüdischen und muslimischen Akteuren, sich in diesem Feld zu bewegen und Wege einer Kooperation zu finden. Durch seine einseitige Intervention schreckt Schiffbauer eher ab, als dass er ermutigt. Die Chance, einen muslimisch-jüdischen Dialog zu initiieren, hat er vertan.