das portrait
: Für Oppositionsführer Anwar Ibrahim läuft in Malaysia alles nach Plan

Foto: Vincent Thian/ap/dpa

Fünf Monate nach seiner Haftentlassung hat Malaysias langjähriger Oppositionsführer Anwar Ibrahim ein Parlamentsmandat errungen und damit eine wichtige Hürde für den Aufstieg zum Regierungschef genommen. Bei einer Nachwahl am Samstag erhielt Anwar mehr als 71 Prozent der Stimmen. Malaysias 93-jähriger Ministerpräsident Mahathir Mohamad will Anwar nach eigenen Angaben in zwei Jahren zu seinem Nachfolger machen. „Ich bin glücklich mit den Ergebnissen. Allah segne uns alle“, sagte der neue Abgeordnete.

Anwar war 2014 wegen angeblicher Homosexualität verurteilt worden und Mitte Mai, rund eine Woche nach den Wahlen, von dem neuen Premier Mahathir begnadigt worden. Wegen des Strafverfahrens verlor der Gründer der Reformasi-Bewegung sein Abgeordnetenmandat und das Recht, erneut bei einer Parlamentswahl zu kandidieren. Genutzt hat das dem korrupten Regime von Premierminister Najib Razak, das im Mai abgewählt wurde, nichts. Anwar wurde vielmehr zur Symbolfigur für viele Malaysier. Ein Parlamentssitz ist die Voraussetzung dafür, dass Anwar auch wieder ein Regierungsamt übernehmen kann. Mahathir hatte nach seiner Wahl im Mai versprochen, nach zwei Jahren zurückzutreten und sein Amt Anwar zu überlassen.

Anfang der 1970er Jahre gehörte Anwar zu den Gründern der islamischen Bewegung in Malaysia. Der charismatische Studentenführer wechselte ein Jahrzehnt später in die Politik, 1991 wurde er erstmals Finanzminister. In den 90er Jahren hatten er und Mahathir ein enges politisches Verhältnis, ehe sie zu Feinden wurden. Anwar war damals Stellvertreter von Mahathir, als dieser schon einmal das Amt des Ministerpräsidenten ausübte. Nach einem Zerwürfnis endete Anwars politische Karriere, er kam ins Gefängnis und wurde zu einem erbitterten Gegner des Premiers.

Der greise Mahathir schlug bei der Parlamentswahl im Mai den mit schweren Korruptionsvorwürfen belasteten Ministerpräsidenten Najib Razak. Er beendete damit gleichzeitig die Herrschaft des Regierungsbündnisses Barisan Nasional (BN), das in Malaysia seit der Unabhängigkeit 1957 an der Macht war und dem er früher selbst angehört hatte. Nach seinem historischen Wahlsieg machte er sich bei König Sultan Muhammad V. erfolgreich für Anwars Begnadigung stark.

Der ehemalige Regierungschef Najib sitzt inzwischen selbst in Haft. Er wurde im September im Zuge von Ermittlungen zu dem Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verhaftet. Die Ermittler werfen ihm die Veruntreuung von 2,3 Milliarden Ringgit (472 Millionen Euro) vor.

Anwar erklärte nach seinem Wahlsieg, als Parlamentarier wolle er Regierungschef Mahathir dabei unterstützen, „effektive Reformen“ umzusetzen. Der Malaysiaexperte James Chin von der australischen University of Tasmania sagte der Nachrichtenagentur AFP, Anwar werde „nicht lange Hinterbänkler“ bleiben. Er erwarte, dass Mahathir bald in sein Kabinett berufen werde. Jörn Kabisch (mit afp)