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: Grüne gewinnen bei den Wahlen in Belgien

Drei Gemeinden werden künftig von Grünen regiert. Die flüchtlingsfreundliche Ökopartei gewinnt quer durchs Land. Auch der rechtsextreme Vlaams Belang legt zu

Das Neue

Bei den Kommunalwahlen in Belgien haben die Grünen auf breiter Front zugelegt. Auch die marxistische Partij van de Arbeid van België (PVDA, französisch PTB) erzielte Stimmengewinne, ebenso wie die separatistische flämische Partei N-VA. Ihr umstrittener Führer Baart de Wever verteidigt in Antwerpen mit 35,8 Prozent der Stimmen das Rathaus. Der rechtsradikale Vlaams Belang meldet sich zurück.

Die eigentliche Nachricht ist aber die „grüne Welle“, die selbst das traditionell konservativere Flandern – erreicht und in der Hauptstadt Brüssel ein politisches Erdbeben ausgelöst hat. Gleich 3 der 19 Gemeinden – das kosmopolitische Ixelles, Watermael-Boitsfort und Forest – bekommen grüne Bürgermeister.

In diesen Brüsseler Gemeinden hat „Ecolo“ – so heißen die Grünen hier – die meisten Stimmen geholt. In Brüssel-Stadt und in Uccle, einem bei EU-Diplomaten beliebten Viertel, liegen die Grünen auf Platz zwei. Auch in der Wallonie und in Flandern legte die Umweltpartei, die dort Groen heißt, zu.

Der Kontext

Die Kommunalwahl galt als Stimmungstest vor der belgischen Parlamentswahl und der Europawahl im Mai 2019. Bisher wird Belgien von einem Mitte-rechts-Bündnis unter dem liberalen Premier Charles Michel regiert. Auf lokaler und regionaler Ebene zeichnet sich nun ein Linksruck ab. Neben den Grünen legt auch die linksradikale PTB zu. Die Sozialisten dagegen wurden vielerorts abgestraft.

Die Reaktionen

Premierminister Michel versprach, sich künftig mehr um Ökologie zu kümmern. Seine Regierung werde dem Klimawandel, der Nahrungsmittelsicherheit und der Energiepolitik größere Aufmerksamkeit schenken, sagte der liberale Politiker. Man müsse die Politik besser erklären, so Michel. Einen Kurswechsel – etwa die Abschaltung der Pannen-Atomkraftwerke – kündigte er nicht an.

Von einem „schönen Rückenwind für die Europawahl“ sprach der Chef der Europa-Grünen, Reinhard Bütikofer. Es sei gelungen, „die politische Mitte ein erhebliches Stück weit in die grüne Richtung zu verschieben“. Das bedeute auch, dass sich aus der Schwäche der traditionellen Volksparteien nicht zwangsläufig eine Verschiebung zu den Extremen ergibt.

Die Konsequenz

Mit den Ergebnissen zeigt sich in Belgien derselbe Trend, der auch bei den Wahlen in Bayern und in Luxemburg zu beobachten war. Allerdings legt in Flandern auch der rechtsradikale Vlaams Belang zu. Er ist nun die drittstärkste Kraft im Norden des Landes.

Belgien hat mit der wachsenden Spaltung zwischen Flamen und Wallonen, einer ernsten Krise bei der Energieversorgung und ungelösten Problemen in der Flüchtlingspolitik zu kämpfen. Für Schlagzeilen sorgen immer wieder die „Transitflüchtlinge“, die über Brüssel nach Calais gelangen wollen, um weiter nach Großbritannien zu reisen. Während die Regierung eine harte Linie vertritt, unterstützen die Grünen die Solidaritätsbewegung, die Flüchtlingen in Brüssel sogar private Unterkünfte vermittelt. Eric Bonse, Brüssel