Hier gibt es keine Printkrise

Bei der Kunstbuchmesse Friends with Books kann man am Wochenende Leidenschaft für das Gedruckte erleben. Manchmal werden dabei Bücher über Kunst selbst zu Kunst

So nah wie man einen Bauchladen am Körper trägt, so nah sind sieihren Büchern

Von Alicja Schindler

Messen zählen mit ihren engen Standreihen und dem hellen Licht eigentlich nicht gerade zu den romantischsten Orten. Bei der diesjährigen Kunstbuchmesse Friends with Books, die am kommenden Wochenende im Hamburger Bahnhof über die Bühne geht, könnte das allerdings anders sein. Denn die Leidenschaft für Papier, Text, Kunst und Gestaltung, sie dürfte spürbar werden.

„Ein bisschen idealistisch muss man sein“, sagen Vanessa Adler und Savannah Gorton. Sie sind die Gründerinnen der Messe. Dieses Jahr haben sie zum fünften Mal kleine Verlage, Künstler und ein paar größere Verlage eingeladen. Das Prinzip lautet: die Großen finanzieren (via Standgebühren) die Kleinen. Geld machen sie damit keins. „Es geht uns um Sichtbarkeit und Distribution.“

Am Freitag sollen die 200 TeilnehmerInnen eintreffen und aufbauen, zwei Tage lang wird man dann das Vergnügen haben können, wie Adler sagt, „die Menschen hinter den Büchern kennenzulernen“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Hinter ihren Ständen sitzen die KünstlerInnen und VerlegerInnen, manche unscheinbar, andere mit großen Brillen und bunten Basecaps. Sie kommen aus Tel Aviv, Hongkong, Kopenhagen, Ljubljana, Paris oder Bielefeld und präsentieren etwa einen Bauchladen oder eine Duchamp’sche „Boîte-en-valise“. So nah, wie man einen Bauchladen am Körper trägt, so nah sind sie ihren Büchern. Print in der Krise? Hier nicht. 10.000 BesucherInnen seien im vergangenen Jahr auf der Messe gewesen, erklären die Veranstalterinnen.

Die Aussteller machen das Wort manches Mal gar zur Währung, in dem sie Bücher mit Büchern bezahlen. Verschmitzt erzählt Vanessa Adler, wie sie zuweilen zu Kupplerinnen werden. Je nachdem, wem sie nebeneinander einen Stand zuweisen, kann schon mal eine Kollaboration daraus hervorgehen.

Eine Definition für ein Kunstbuch gibt es Gorton zufolge nicht. Und so kann man sich an Nina Praders Kaugummiautomaten eines ihrer selbstgemachten Zines ziehen. Oder man steigt gedanklich mit auf Abigail Reynolds’ Motorrad und begleitet sie auf ihrer Reise über die Seidenstraße, bei der sie für ihr Buchprojekt fünfzehn Orte aufsuchte, an denen einmal Bibliotheken waren, die aber heute aufgrund von Naturkatastrophen oder Krieg verschwunden sind.

Das Besondere am Kunstbuch ist die Art, wie Text und Bild für sich stehen oder kombiniert neue Bedeutungen ergeben. Wie es ästhetische Ideale hinterfragt und neue entwirft. So werden Bücher über Kunst selbst zu Kunst.

Daneben gibt es Kunstinstallationen, Lectures und Workshops. Zora Mann und Øyvind Renberg haben eine Installation für Kinder gebaut. Am Samstag performt das KünstlerInnen-Kollektiv Discoteca Flaming Star. Und wer mag, kann sich zum Abschluss von Morten Søndergaard etwas aus seiner Wort-Apotheke verschreiben lassen.

Hamburger Bahnhof, 20. und 21. Oktober, 11 bis 19 Uhr