Referendum Unabhängigkeit: Neukaledonien bleibt französisch

Neukaledonien bleibt per Referendum Teil von Frankreich. Die Verbindung hat für beide Seiten Vorteile: Lebensstandard und Nickel.

Ein Mann, in einer Fahne von Neukaledonien gehüllt, steht zusammen mit einer Frau in der Nähe eines Wahllokales

Warten auf das Ergebnis des Referendums: zwei Wahlberechtigte in Neukaledonien Foto: ap

Was im Zusammenhang mit der Befragung über die Unabhängigkeit Neukaledoniens überrascht, ist weder das Ergebnis noch die hohe Beteiligung angesichts der Bedeutung für die Zukunft dieser von Frankreich vor 150 Jahren annektierten Insel am andern Ende der Welt. Erstaunlich ist vielmehr die distanzierte Gleichgültigkeit, mit der die Französinnen und Franzosen im europäischen „Mutterland“ diese Schicksalsabstimmung zur Kenntnis nehmen.

Angesichts der Umfragen hielt sich ja das Risiko eines Ja zur Souveränität in Grenzen. Die Abstimmung war zudem eine Art Alibi für den Entkolonisierungprozess, der vor dreißig Jahren eingeleitet worden war. Haben denn nicht die Bürger und Bürgerinnen die Chance gehabt, Ja oder Nein zu einer wirklichen Loslösung zu sagen?

Neukaledonien zählt aus der Sicht der Métropole wie die anderen über alle Ozeane verstreuten Überseegebiete Frankreichs zu den sogenannten „Konfetti“ seines einstigen Weltreichs. Der Begriff sagt einiges aus über die Unkenntnis und eine gewisse neokolonialistische Verachtung.

Das Prestige, auf fast allen Kontinenten Territorien zu besitzen, auch wenn es oft nur winzige Inseln sind, hat einen Preis: Es braucht finanzielle Unterstützung aus Paris, um Neukaledonien einen französischen Lebensstandard zu garantieren. Die Finanzierung der Infrastrukturen und Sozialleistungen mit franzö­sischen und europäischen Subventionen erklärt weitgehend die Präferenz, die Bande zur Republik nun doch nicht zu kappen.

Mit einer deutlichen Mehrheit von 56,4 Prozent haben die 174.000 Wahlberechtigten auf Neukaledonien am Sonntag die Erlangung einer „vollen Souveränität und Unabhängigkeit von Frankreich“ abgelehnt. Seit Tausenden von Jahren besiedelten die Kanaken Inseln im Südwestpazifik. 1853 begann auf Anweisung Napoleons die französische Kolonialisierung. Später machte Paris aus Neukaledonien eine Sträflingskolonie.

Seither sind die Neukaledonier abhängig von Frankreich: Teile der Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung leben bis heute von Subventionen aus Paris. Die Abstimmung über eine volle Unabhängigkeit war ein wichtiges Zugeständnis an die kanakischen Separatisten. Zuvor hatte Neukaledonien bereits eine weitgehende Autonomie erhalten, die den Lokalbehörden mehr Kompetenzen einräumt als anderen französischen Überseegebieten.

Also nur ein Kostenfaktor? Man darf die wirtschaftliche und geostrategische Bedeutung dieser Ausleger in den Weltmeeren nicht unterschätzen. Bei Neukaledonien denkt man vor allem an den Nickelabbau. Dank der Inseln in der Karibik, im Südpolarmeer und im Pazifik verfügt Frankreich aber über immense Ressourcen in den Hoheitsgebieten unter dem Meeresspiegel. Nur die USA besitzen mehr Boden unter dem Meeresspiegel. Die „Konfetti“ wie Neukaledonien erhalten in dieser Perspektive eine andere Dimension und einen neuen Wert.

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