das wird der monat, der wird (11)
: Gassi gehen

Vier Wochen voller Anrufe aus München, einer Einwechslung, mit der Besten des Rests und einem Abstieg auf das Niveau Gibraltars

Schwalmtal, 3. November. Am Morgen entscheidet der Fußballlehrer Josef Heynckes, nach fünf Wochen erstmals wieder sein Telefon anzuwerfen. Auf der Mailbox findet er 133 Anrufe von Uli Hoeneß, der von Rettung, Freundschaftsdienst und vom Untergang redet. „Armageddon naht … nur du, hilf uns …, die Kovace machen mich wahnsinnig, diese Dreckszeitungen bocken, bitte, bitte Jupp …“ Heynckes zieht den Stöpsel, eine Mütze über den schamgeröteten Kopf und führt seinen Schäferhund Cando Gassi.

Khanty-Mansiysk, 4. November. Die Erfurterin Elisabeth Pähtz, 33, startet als Favoritin bei der Schach-WM der Frauen – jedenfalls jenseits der unbesiegbaren vier. Pähtz ist Nummer zehn der Setzliste, damit die Bestplatzierte, die nicht aus Russland, Ukraine, China und Ungarn kommt, deren Mattköniginnen seit 1927 alle Titel wegräumten. „Best of the Rest zu sein, ist eine große Ehre“, sagt Pähtz nach ihrem Auftaktsieg gegen die Iranerin Mobina Alinasab.

Dortmund, 10. November. Lange hält Ligaverfolger FC Bayern ein tapferes Remis. Dann wird in der Nachspielzeit ohne Erlaubnis des Münchner Bosse-Regimes („würde- und respektlos“) Pablo Alcacer eingewechselt.

Zürich, 16. November. Nur noch ein Monat bis zum ersten Silvesterlauf der Saison. Dabei findet das Rennen um den Zürichsee so spät wie selten statt. „Die Schweiz nähert sich damit dem Gregorianischen Kalender an“, sagt heimatstolz OK-Chef Bruno Lafranchi. Alle LäuferInnen bekämen hernach „ein zeitloses persönliches Diplom“.

Gibraltar, 16. November. Die Fußballhelden aus Gibraltar müssen nach zwei Siegen in Folge in der Nations League eine 0:5-Klatsche gegen Mazedonien hinnehmen.„Schade“, sagt Trainer Julio Ribas, „aber immerhin stehen wir im Kalenderjahr 2018 mit zwei Pflichtspielsiegen immer noch vor diesem Deutschland mit nur einem Erfolg.“

London, 18. November. Tennis-Britannia ist mäßig amused: Große Stars fehlen beim ATP-Finale – Nadal verletzt, Djokovic lustlos ausgeschieden, Federer verhindert wegen Charityauftritten in Schweizer Seniorenresidenzen und „leider keine Einheimischen am Start, als gelte schon der Tennisbrexit“, wie BBC-Kommentator Becker weiß. Und dann gewinnt auch noch so ein German: Alexander Zverev.

Gelsenkirchen, 19. November. Das 2:1 gegen Holland, erstmals seit 1873 ohne einen Bayern-Spieler, reicht nicht. Deutschland steigt in der Nations League ab. „Jetzt müssen wir mit Island und Israel fertig werden“, sagt Joachim Löw, „aber immerhin haben wir zu Gibraltar aufgeschlossen.“ Jupp Heynckes macht die Glotze aus und führt Cando Gassi.

Abu Dhabi, 25. November. Ausgeauspufft. Schluss. Ruhe. Kaum endet die terminvollste Formel-1-Saison aller Zeiten, reicht die Weltumwelthilfe rennzirkusweit Verbotsklagen für 2019 ein – „wegen diesel-ähnlicher Vergehen wider die menschliche Natur“. Die Szene gibt sich „maximal empört“. Melbourne und Hockenheim bieten Kompensation durch Filterkaffee und E-Abgasstaubsauger an, zudem sollen der Ferraserati Testosteronassa nur noch ohne Motor zugelassen werden.

München, 26. November. Triumph mit Folgen: Erstmals seit Jahren hatte der FC Bayern unter Führung seiner Alte­herrenlichkeit am Samstag wieder ein Fußballspiel ohne Unterlassungsandrohung, Schadensersatzklage oder Anrufung des UN-Menschenrechtsgerichtshofes gewonnen. Gegner Fortuna Düsseldorf fällt in Schockstarre und braucht zwei Tage, um Trainer Funkel zu entlassen –„Das lassen wir uns nicht bieten, gegen wen willst du denn noch Punkte holen, wenn nicht gegen diese Altherrenwracks?“, schimpft Sportvorstand Erich „Mach et, Otze“ Rutemöller, 73. Ralph Hasenhüttl, schon seit zwei Wochen Nachfolger von Nico Kovac, scheint, so der Kicker in ungewohnter Florapoesie, „für Tage auf seinem Ast gefestigt“. Jupp Heynckes atmet tief durch. Das Telefon klingelt. Cando schlägt panisch an. Bernd Müllender