Der Waffenstillstand mit
Donald Trump bröckelt

Autozölle, Iran-Sanktionen, China: Zwischen den USA und der EU droht ein Handelskrieg. Der Konflikt könnte schon in der kommenden Woche ausbrechen. Brüssel spielt auf Zeit

Könnten bald durch hohe Zölle ins Stocken geraten: Autoexporte von Emden in die USA Foto: Jörg Sarbach/dpa

Aus Brüssel
Eric Bonse

Die Drohung war kaum zu überhören. „Die Geduld des Präsidenten ist nicht unendlich“, warnte US-Handelsminister Wilbur Ross bei einem Besuch in Brüssel vor zwei Wochen. Die EU müsse schnell in Verhandlungen über ein Handelsabkommen eintreten, forderte Ross. Sonst könnte der mit Donald Trump vereinbarte Waffenstillstand bald zu Ende gehen.

Als „Deadline“ gilt der 6. November – der Tag der Zwischenwahlen in den USA. Sollte sich Brüssel bis dahin nicht bewegen, könnte Trump die Geduld verlieren und neue Handelssanktionen gegen die Europäer verhängen. Kurz vor diesem Termin deutet nichts auf eine Annäherung hin.

Im Gegenteil: EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström spielt auf Zeit. Trump sei „unberechenbar“, schimpfte die resolute Schwedin. Es sei durchaus möglich, dass „die USA der EU Autozölle von 25 Prozent auf den Tisch knallen“. Dann werde sie angemessen reagieren, stellte Malmström klar. Doch mit Verhandlungen zu starten, wie dies Trump fordert, komme nicht infrage. Für Handelsgespräche mit den USA braucht Malmström ein Mandat der 28 EU-Staaten – und das liegt nicht vor. Die EU-Kommission hat nicht einmal einen Entwurf vorgelegt. Denn die Erfolgsaussichten sind derzeit denkbar gering.

So weigert sich Frankreich, Gesprächen zuzustimmen, so-lange die USA ihre Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa aufrechterhalten und den Klimaschutz blockieren. Hinzu kommen Meinungsverschiedenheiten über den Umfang von möglichen Handelsgesprächen. Die USA reden neuerdings von einem umfassenden Freihandelsabkommen, das auch die Landwirtschaft umfassen soll. Demgegenüber plant die EU bisher nur Erleichterungen für Industriegüter. Der Agrarsektor müsse ausgeklammert werden, fordert Paris.

Malmström sitzt in der Zwickmühle: Die weitreichenden Forderungen aus Washington und die massiven Vorbehalte aus Paris lassen sich kaum vereinbaren. Bisher ist es der EU lediglich gelungen, eine deutsche Forderung zu erfüllen – und die von Trump angedrohten Autozölle zu verhindern. Auch dieser Erfolg steht nun infrage. Die Ruhe an der Autofront wurde mit höheren EU-Importen von Sojabohnen aus den USA und leichterem Marktzugang für amerikanisches Flüssiggas erkauft.

Als „Deadline“ gilt der 6. November – der Tag der Zwischenwahlen in den USA

Beides waren Wahlkampfgeschenke an Trump für die Zwi-schenwahlen im November. Doch nun, da die Wahlen vor der Tür stehen, reichen sie offenbar nicht mehr aus, um den US-Präsidenten ruhig zu stellen. Nach den „Midterms“ am kommenden Dienstag könnte Trump die Daumenschrauben wieder anziehen – und das nicht nur im Autohandel.

Eine Eskalation droht auch im Streit über den Iran. Denn bereits am Montag tritt die zweite Stufe der US-Sanktionen im Atomstreit mit Teheran in Kraft. Die Trump-Administration droht auch europäischen Firmen mit Strafen.

Streit droht auch um den Handel mit China. Die EU sollte sich auf US-Sanktionen gegen europäische Firmen vorbereiten, die mit China Handel treiben, warnt der frühere Chef der Welthandelsorganisation WTO, Pascal Lamy. Als Vorbild könnten die Iran-Sanktionen dienen. Wenn Lamy recht behält, könnte der Waffenstillstand zwischen der EU und den USA in einen offenen Handelskrieg übergehen. Die nächsten Tage werden kritisch.