SPD verliert die Geduld: Maaßen ist immer noch nicht weg

„Zügig“ sollte Verfassungsschutzchef Maaßen abtreten. Nun ist er noch immer im Amt – und legt zu Chemnitz nach. Die SPD zeigt sich empört.

Zwei Männer in Anzügen sitzen nebeneinander, links Hans-Georg Maaßen, rechts Horst Seehofer

Tatsächlich immer noch im Amt, und zwar beide: Horst Seehofer (rechts), Hans-Georg Maaßen Foto: dpa

BERLIN taz | Langsam reißt der Geduldsfaden. Nach der erneuten Medien­schelte von Hans-Georg Maaßen drängen SPD und Opposition darauf, dass der Noch-Verfassungsschutzchef endlich abgelöst wird. „Herr Maaßen ist völlig ungeeignet für sein Amt“, sagte SPD-Vizechef Ralf Stegner am Mittwoch der taz. „Ich gehe davon aus, dass der Bundesinnenminister in Kürze einen akzeptablen Vorschlag zur Nachfolge vorlegt.“

Eigentlich sollte die Sache schnell gehen. Mitte September hatte die Große Koalition ihre letzte Krise mühevoll beigelegt – die um Maaßen. Nach den Äußerungen des Verfassungschutzpräsidenten zu den Ausschreitungen in Chemnitz hatte die SPD Maaßen für untragbar erklärt. Erst sollte er Staatssekretär im Bundesinnenministerium werden, dann – nach heftiger Kritik – nur noch „Sonderberater“. „Zügig und zeitnah“ solle dies geschehen, versprach Innenminister Horst Seehofer (CSU).

Dieses „zügig“ ist nun schon fast fünf Wochen her – und Maaßen weiter als Verfassungsschutzpräsident im Amt. Dort legt er nun mit seiner Medienschelte im Fall Chemnitz nach. Schon im September hatte Maaßen kritisiert, dass es keine Belege für dortige „Hetzjagden“ auf Migranten gebe, wie Medien teils berichteten. Er biss sich vor allem an einem Video fest, in dem Rechte auf einen Migranten losstürmen. „Nicht authentisch“ sei dieses. Beobachter verwiesen derweil auf viele weitere Übergriffe.

Seine Attacke richtete Maaßen auch auf die „Tagesschau“: Auch diese habe das Video „aus dem Zusammenhang gerissen“. „Tagesschau“-Chef Kai Gniffke schrieb darauf eine Beschwerde an Maaßen. Der antwortete nun – uneinsichtig. Seine Aussagen seien sehr wohl mit „nachprüfbaren Fakten“ gedeckt, ließ Maaßen seinen Sprecher ausrichten. Die „Tagesschau“ habe eine „kritische Kommentierung“ des Hetzjagd-Begriffs unterlassen. Es gehe ihm um die „Sorge, dass unklare Informationen in die Berichterstattung deutscher Medien Eingang finden“. Auch auf die Medien sei im Fall Chemnitz „ein kritischer Blick erforderlich“.

„Mir fehlt jedes Verständnis“

Neben SPD-Vize Stegner kritisierte auch SPD-Innenexperte Burkhard Lischka die erneute Medienkritik. „Mir fehlt jedes Verständnis dafür, warum Maaßen jetzt noch einmal nachlegen musste.“ Linken-Chefin Katja Kipping attestierte: „Offenbar muss Maaßen immer wieder rechte Propaganda in aller Öffentlichkeit unterstützen.“ Grünen-Vizefraktionschef Konstantin von Notz sprach von einer „groben und nicht nachvollziehbaren Medienschelte“.

Seehofer hatte zuletzt angekündigt, noch im Oktober, spätestens Anfang November, einen Nachfolger für Maaßen zu präsentieren. Dies gelte auch weiterhin, hieß es am Mittwoch aus dem Innenministerium.

Die SPD verbittet sich nun weitere Verzögerungen. „Ich gehe davon aus, dass der Minister zu seinem Wort steht“, betonte Innenexperte Lischka. Linken-Chefin Kipping machte mehr Druck: „Seehofer sollte Maaßen zügig entlassen und sich selbst am besten gleich mit.“ Auch der Grüne von Notz monierte, dass beim Geheimdienst alles weiterlaufe wie bisher. „Das dokumentiert die Unfähigkeit und Ohnmacht der Großen Koalition.“ Das „Hängen und Würgen“ im Innenministerium führe inzwischen „zum Stillstand der Rechtspflege“.

Spekulation über NachfolgerInnen

Wer Maaßen nachfolgen könnte, darüber gibt es nur Spekulationen. Alexander Eisvogel wird genannt, Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung, einst Vizechef des Verfassungsschutzes. Oder Arne Schlattmann, Bevollmächtigter des Kontrollgremiums der Geheimdienste im Bundestag. Vielleicht auch Barbara Bube, Verfassungsschutzchefin in Baden-Württemberg.

Maaßen wiederum soll sich als Sonderberater im Innenministerium künftig um „europäische und internationale Aufgaben“ kümmern. Dazu gehört das Aushandeln von Rückführungsabkommen von Geflüchteten mit anderen Ländern oder Deals mit afrikanischen Staaten über Flüchtlingsfragen. Für Linken-Chefin Kipping bleibt auch dann das Problem: „Niemand kann ernsthaft glauben, dass Maaßen mit dem Amt seine Gesinnung wechselt oder zur stillen Sacharbeit übergeht.“ Nur werde er künftig dann als Teil der Bundesregierung sprechen.

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