Der Morgenappell ist zurück

Die neue Chefin der Polizeischule in Ruhleben krempelt den Lehrplan um und stellt neues Personal ein. Die Taktik funktioniert, sagt ein externer Gutachter. Ein Masterplan soll ab 2019 umgesetzt werden

Von Plutonia Plarre

Einmal mehr hat sich das Abgeordnetenhaus mit der krisengeschüttelten Polizeiakademie beschäftigt. Folgt man dem externen Sachverständigen Josef Strobl, dann geht es aufwärts. Im Auftrag des Senats hatte der pensionierte Polizeidirektor aus Bayern die Bildungsstätte in Ruhleben Anfang des Jahres begutachtet. Alle Sofortmaßnahmen, die er empfohlen habe, seien nun umgesetzt, sagte Strobl am Montag im Innenausschuss. Der neuen Schulleitung bescheinigte er: „Die beiden an der Spitze bemühen sich redlich. Mehr geht nicht.“

Tanja Knapp, zuvor Leiterin des Polizeiabschnitts 53 in der Friedrichstraße, leitet die Polizeiakademie seit dem 1. Juli. Knapp habe „eine neue Gesprächskultur und ein deutlich angenehmeres Klima etabliert“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag. Dass anonyme Kreise weiterhin negative Behauptungen über die Schule aufstellten, empfinde er als wenig zielführend. Die B.Z. hatte zwei angebliche Polizeischüler mit den Worten zitiert: „Unter der inkompetenten Führung herrscht totales Chaos.“

Bebildert war der Beitrag mit Leuten, die sich unter einer Kapuze versteckten. „Kapuze ab“, forderte Geisel. „Wenn wir nicht von vorn beginnen wollen, geht das nur gemeinsam.“ Die Polizeiakademie war im Herbst 2017 durch meist anonym erhobene Vorwürfe in die Schlagzeilen geraten. Polizeischülern aus Einwandererfamilien wurde pauschal Disziplinlosigkeit unterstellt, von Gewaltvorfällen war die Rede und davon, dass die Schule von kriminellen Clans unterwandert werde. Die Schulleitung – 2016 angetreten, um die Polizeischule zu reformieren – hatte Anfang 2018 um ihre Ablösung gebeten.

Die Lehrstätte sei in einem denkbar schlechten Zustand, hatte der Sachverständige Strobl in seinem Gutachten festgestellt und aufgelistet: viel zu wenige Lehrer, erheblicher Unterrichtsausfall, mangelhafte Unterbringung, untaugliche Einstellungsverfahren. Dauerkranke Lehrer eingerechnet, fehlten an der Akademie 50 Lehrkräfte.

Schülerzahl verdoppelt

Um mehr Polizei auf die Straße zu bringen, war die Schülerzahl im letzten Jahr verdoppelt und waren Lehr- wie Praktikapläne verändert worden. 1.400 Auszubildende des mittleren Dienstes werden heute in 56 Klassen unterrichtet. Was die Sache nicht einfacher macht: Die alten Jahrgänge werden noch nach dem alten Schulsystem unterrichtet.

Als Sofortmaßnahme seien zwölf neue Lehrkräfte eingestellt worden, berichtete Leiterin Knapp im Innenausschuss. Auf allgemeinen Wunsch hin und um „die Teambildung“ zu fördern, habe sie das gemeinsame morgendliche Antreten wieder eingeführt. Knapps Vorgänger hatten den Morgenappell als Unterwerfungspädagogik empfunden und abgeschafft.

Bestandteil des Masterplans, der ab März 2019 umgesetzt werden soll, ist unter anderem die Verbesserung der Betreuung der Schüler. Auch die Anzahl der Deutschstunden soll erhöht werden soll. Viele Schüler des im Herbst 2017 aufgenommenen Jahrgangs hätten große Probleme mit der eigenständigen Abfassung von Texten. „Wenn 50 Prozent eines Jahrgangs die Klausur nicht schaffen“, so Knapp, „kann man das nicht auf die Schüler schieben.“