Handschlag zweier Gegenspieler

Die Schlüsselfiguren des Bürgerkriegs in Libyen sind im italienischen Palermo zusammengekommen. Wahlen im Sommer 2019 sollen den Konflikt beenden

Von Mirco Keilberth, Tunis

Am Rande einer Konferenz für eine Lösung des Libyenkonflikts hat der gastgebende italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte ein Treffen der zwei rivalisierenden Hauptakteure vermittelt. Fotos des Treffens zeigen, wie der Ministerpräsident der von den UN gestützten Regierung in Tripolis, Fajis al-Sarradsch, und General Khalifa Haftar einander im Beisein Contes die Hand reichen.

Bei dem Treffen im italienischen Palermo versuchten Delegationen aus dreißig Ländern und Vertreter der libyschen Kriegsparteien, einen Ausweg aus dem Konflikt zu finden. Mit der Konferenz wollte Conte auch Italiens Führungsrolle innerhalb der EU in Sachen Libyen festigen. Italien ist die ehemalige Kolonialmacht des nordafrikanischen Landes. Nach dem Sturz des langjährigen Diktators Muammar al-Gaddafi 2011 hatten bewaffnete Gruppen 2014 das Ergebnis friedlicher Wahlen mit Waffengewalt zunichte gemacht.

In Palermo sollte zudem diskutiert werden, wie die Einheitsregierung vor den mächtigen Milizen des Landes geschützt werden kann. Diese werden von Katar, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei protegiert, kritisieren libysche Menschenrechtsaktivisten.

Doch auch europäische Länder – allen voran Italien und Frankreich – treten im Libyenkonflikt als Gegenspieler auf. Italiens staatlicher Ölkonzern Eni betreibt mehrere Bohrplattformen vor der libyschen Küste sowie eine Öl- und Gas-Pipeline. Das sogenannte Greenstream-Projekt liefert 18 Prozent des italienischen Gasbedarfs aus der libyschen Sahara bis nach Sizilien. Italienische Vermittler hatten mit Verhandlungsgeschick und üppigen Geldzahlungen erreicht, dass die Pipeline nicht von Milizen gesperrt wurde.

Beim Eni-Konzern sieht man das libysche Chaos daher gelassen. Vor vier Wochen entschied Eni-Chef Claudio Descalzi, die Hälfte der libyschen Ölförderlizenzen des US-Konzerns Shell zu kaufen. Damit hat Eni die Vormacht des französischen Total-Konzerns gebrochen, der bisher in Libyen das Sagen hatte.

Die Konferenz auf Sizilien fand ohne den französischen Präsidenten Emmanuel Macron statt. Dieser hatte schon im Mai mit einem diplomatischen Husarenstück Libyens Machtelite versammelt. Frankreich unterstützt General Haftar, der eine selbst ernannte Nationale Armee im Osten des Landes kommandiert. Rom hat dagegen Soldaten zur Unterstützung der Einheitsregierung von Sarradsch entsandt.

„In Libyen hat ein Stabilisierungsprozess begonnen, den wir unterstützen wollen“, sagte Conte. „Unser Ziel ist es, dass das libysche Volk auf demokratische Weise seine Zukunft entscheiden kann“. Am Montag war Conte mit dem UN-Sonderbeauftragten für Libyen, Ghassan Salamé, zusammengetroffen. Dieser hatte das Konferenzergebnis schon vor Beginn der Gespräche verkündet. Anfang 2019 soll eine Nationale Konferenz stattfinden. Danach soll der Weg zu Wahlen im Juni bereitet werden. Allerdings bestätigten weder Sarradsch noch Haftar dies schriftlich.

In Paris hatten sich die Delegationen auf den 10. Dezember geeinigt für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Nach schweren Kämpfen in Tripolis geriet der Termin jedoch in Vergessenheit. „Die politischen Parteien hatten weder Kandidaten noch ein Programm vorgestellt“, kritisiert Hanan Salah von Human Rights Watch. „Wahlen haben keine ­Bedeutung, wenn Milizen wie 2014 gegen einen ihnen unliebsamen Ausgang mit Waffengewalt vorgehen.“ (mit Agenturen)