AfD will doch Vizeposten

Nach drei Wahlschlappen nominieren die Rechtsaußen fürs Bundestagspräsidium Mariana Harder-Kühnel

Aus Berlin Sabine am Orde

Für das Thema, das ihrem Fraktionskollegen Albrecht Glaser letztlich zum Verhängnis wurde, hat sich Mariana Harder-Kühnel präpariert. „Dem privaten Gläubigen muss das Recht auf Reli­gionsfreiheit zustehen“, sagte die AfD-Bundestagsabgeordnete am Mittwochmorgen in Berlin. Das sei grundgesetzlich garantiert und könne nicht entzogen werden. Glaser hatte genau das für Muslime in Frage gestellt. Damals hieß es, alle in der Fraktion würden das wie der Kandidat sehen.

Ein gutes Jahr nach der konstituierenden Sitzung des Bundestags will die AfD noch einmal versuchen, den Posten eines Bundestagsvizepräsidenten zu besetzen. Die Fraktion hat Harder-Kühnel dafür als Kandidatin nominiert. Die 44-jährige Juristin aus Hessen gehört zu den innerhalb der AfD eher moderateren PolitikerInnen. Sie selbst verordnet sich innerhalb der Partei „wahrscheinlich irgendwo in der Mitte“. Sie bringe „Sachlichkeit, Neutralität und Ausgewogenheit“ mit, sagte Harder-Kühnel. Und betonte: „Ich möchte eine Bundestagsvizepräsidentin für alle Fraktionen sein.“

Glaser, der ursprünglich aufgestellte Kandidat, war dreimal durchgefallen, der Ältestenrat verweigerte der AfD eine vierte Abstimmung – wegen Aussichtslosigkeit. Dennoch hatte die AfD-Fraktion lange an dem ehemaligen CDU-Kommunalpolitiker aus Frankfurt festgehalten – auch weil sich mit der Leerstelle im Bundestagspräsidium die von der AfD geliebte Opferrolle gut inszenieren ließ. Schließlich aber bewegte man Glaser dazu, auf die Kandidatur zu verzichten.

Harder-Kühnel, die bereits 2013 der AfD beitrat und den Kreisverband Main-Kinzig mit aufbaute, stand bei der Bundestagswahl auf Platz 1 der hessischen Landesliste. Im Bundestag ist sie eine der 62 SchriftführerInnen und familienpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Als Abgeordnete ist Harder-Kühnel bislang nicht groß aufgefallen, im Bundestagswahlkampf aber sorgte sie einmal mit einem Selfie für Furore. Sie hatte den damaligen SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz um ein Foto gebeten und dies in den sozialen Netzwerken gepostet. Darunter schrieb sie: „Noch erkennt Martin Schulz mich nicht, das sollte sich nach der #Btw17 ändern.“

Von den anderen Fraktionen war zunächst nicht zu erfahren, ob sie Harder-Kühnel wählen werden. „Die Geschäftsordnung des Bundestages sieht für jede Fraktion ein Grundmandat für einen Vizepräsidenten vor“, sagte Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen. Die Wahl der Kandidatin erfolge in freier und geheimer Wahl. Allein die Linksfraktion ließ sich etwas in die Karten gucken. „Wir werden natürlich darüber beraten“, sagte Jan Korte, der ebenfalls Parlamentarischer Geschäftsführer ist. „Aber angesichts der aktuellen Entwicklung der AfD und einer Bundestagsfraktion, die sich nicht klar vom völkisch-nationalistischen Flügel abgrenzt, glaube ich nicht, dass es Unterstützung aus meiner Fraktion geben wird.“