Kommentar Diesel-Gipfel: Fortschritt im Schneckentempo

Zwar brachte der jüngste Dieselgipfel im Kanzleramt ein bisschen Fortschritt. Die nächste Blamage ist allerdings bereits absehbar.

Angela Merkel und Andreas Scheuer stehen nebeneinander vor einer blauen Wand

Bei dem Dieselgipfel im Kanzleramt ging es minimal voran Foto: dpa

Mehr Geld für die Kommunen, um sauberere Fahrzeuge anschaffen zu können, mehr Druck auf die Autoindustrie, private Fahrzeuge nachzurüsten oder umzutau­schen: Mit diesen beiden Botschaften hat der jüngste Diesel-Gipfel im Kanzleramt immerhin ein bisschen Fortschritt gebracht.

Vor Kurzem verkündete der Bundesverkehrsminister schließlich noch, die Kommunen seien wegen ihrer Untätigkeit selbst schuld an Fahrverboten, eine Nachrüstung der dreckigen Dieselmotoren sei völlig überflüssig.

Angesichts immer neuer Fahrverbotsurteile hat sich CSU-Mann Andreas Scheuer in diesem Punkt inzwischen der Haltung von Ländern, Kommunen und Umweltministerium angeschlossen, die schon lange auf solchen Nachrüstungen bestehen. Und derselbe Minister, der zwei Jahre lang jede Debatte über neue Hardware abgewehrt hat, drängt auf einmal zur Eile.

In einer anderen wichtigen Frage ist von einem solchen Lernprozess leider noch nichts zu sehen: Scheuer verweigert weiterhin die Einführung einer blauen Plakette, mit der saubere Diesel äußerlich erkennbar würden.

Nächste Blamage ist absehbar

Obwohl sich Länder, Kommunen und Umweltministerium auch darin einig sind, dass eine solche Kennzeichnung an der Windschutzscheibe die einfachste und wirkungsvollste Methode wäre, Fahrverbote auch durchzusetzen, bleiben Kanzleramt und Verkehrsministerium hier stur.

Statt der einfachen optischen Kon­trolle setzen sie auf ein technisches System, bei dem alle Kennzeichen per Kamera erfasst und automatisch mit einer Datenbank abgeglichen werden, in der die Abgaswerte jedes Fahrzeugs gespeichert sind. Dass die Kommunen zögerlich sind, ist angesichts der Komplexität des Verfahrens und der Bedenken von Datenschützern nachvollziehbar.

Hier ist darum die nächste Blamage absehbar. Wenn ab Januar die ersten umfassenderen Fahrverbote gelten, werden sie kaum kontrollierbar sein und die Stickoxidwerte entsprechend wenig sinken. Dass das Verkehrsministerium mit einigen Jahren Verzögerung auch in dieser Sache noch Vernunft annehmen dürfte, ist da nur ein schwacher Trost. In diesem Schneckentempo lässt sich das Problem nicht lösen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.