Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
:

Neue Konzertformate haben leider oft etwas von mittelgut ausgearbeiteten Marketingkampagnen. Neue Dinge auszuprobieren ist andererseits überhaupt keine schlechte Sache. Selbst wenn die zugrundeliegenden Ideen schon etwas älter sein mögen. In der Reihe „Cinesthesia Screen Concerts“ im Brotfabrik-Kino zum Beispiel nimmt man eine Praxis aus der Anfangszeit des Kinos, wandelt sie dabei jedoch ein wenig um. So ist am Donnerstag Sam Fullers Psychiatrie-Thriller „Shock Corridor“ (1963) zu sehen, während das Duo Yorgos Dimitriadis und Andrea Parkins sich mit vorwiegend elektronischen Mitteln um die konzertante Filmmusik kümmert. Anders als in den Tagen des Stummfilms hat man es hier jedoch mit einem Werk zu tun, das schon einen Soundtrack hat. Mal schauen, wie sich die beiden Musiken vertragen werden (Caligariplatz 1, 21 Uhr).

Ebenfalls mit einem Film beginnt am Freitag eine große Geburtstagsfeier: Im Ausland feiert der schwedische Free Jazz-, Improvisations- und im weitesten Sinne zeitgenössische Musiker Sven-Åke Johansson seinen 75. Geburtstag. „Blue for a Moment“ heißt der gezeigte Porträtfilm von Antoine Prum über den Schlagzeuger und Performer, der übrigens seit 50 Jahren in Berlin lebt. Live ist er selbst anschließend mit dem Elektroniker Jan Jelinek als Duo zu erleben. Ein sehr guter Auftakt für die zweitägigen Feierlichkeiten (auch am Sonnabend, Lychener Str. 60, 21 Uhr).

Am Freitag gibt es ansonsten in der Villa Elisabeth die jungen Akademisten des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin unter der Leitung ihres nach wie vor ziemlich frischen Chefdirigenten Robin Ticciati zu hören. Mit einem Programm quer durch das Europa des 20. und 21. Jahrhunderts: von Paul Hindemiths von Bach inspirierter Kammermusik Nr. 1 für zwölf Soloinstrumente (Deutschland) über teris Vasks „Vox amoris“ – Fantasie für Violine und Streicher (Lettland) bis zu Claude Debussys „Prélude à l‘après-midi d‘un faune“ (Frankreich). Letzteres in einer Kammerorchesterbearbeitung von Arnold Schönberg (Invalidenstr. 3. 20 Uhr, 25/10 €).

Am Mittwoch schließlich gastiert mit Robert Landfermann eine der hiesigen, vermeintlich stillen Jazzgrößen im A-Trane. Sein Instrument könnte ihn als Hintergrundfigur erscheinen lassen, doch der herausragende Bassist kommt mit seinem Quintett zu Besuch, um sein aktuelles Album „Brief“ vorzustellen. Mit dabei sind die Saxofonisten Christian Weidner und Sebastian Gille, am Klavier Elias Stemeseder, dazu der US-amerikanische Schlagzeuger Jim Black. Hohes Niveau garantiert (Bleibtreustr. 1, 21 Uhr).