Protest der Karl-Marx-Allee-Mieter: „Nee, nee, nee, SPD“

Anwohner der verkauften Blöcke in der Karl-Marx-Allee fordern die Rekommunalisierung. Den SPD-Vorschlag zum Eigenerwerb lehnen sie ab.

Menschen mit Protestschildern stehen gegenüber des Willy-Brandt-Hauses

Protest der Mieter der Karl-Marx-Allee am Sonntag vor der SPD Foto: dpa

BERLIN taz | 120 Quadratmeter Terrasse, Raumhöhe bis zu 2,90 Meter und „König-der-Welt-Gefühl“: Das sind die Highlights einer Wohnung in der Karl-Marx-Allee. So angepriesen ist zumindest eine aktuelle Anzeige auf einem Immobilienportal. Die 3-Zimmer-Wohnung, für die über eine Million Euro verlangt wird, befindet sich in einem der insgesamt vier Blöcke, die kürzlich an den Wohnungskonzern Deutsche Wohnen verkauft wurden.

Während die einen schon die Zerstückelung und Geschäftemacherei mit der Prachtstraße betreiben, hofft die Mehrzahl der etwa 2.000 Mieter in den 700 verkauften Wohnungen noch auf eine politische Lösung. Und, da es nicht anders geht: auf die SPD. Am Sonntagvormittag fanden sich weit mehr als 100 Mieter, Unterstützer und Aktive der Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ gegenüber dem Willy-Brandt-Haus ein, in dem die Partei gerade ihre Spitzenkandidaten für die Europawahl bestimmte.

Ihr Anliegen: Finanzsenator Matthias Kollatz und seine Verwaltung sollen dafür sorgen, dass die Wohnungen rekommunalisiert werden. Nicht nur die 80 im Block D-Süd, für den als einziger das bezirkliche Vorkaufsrecht infrage kommt, sondern auch die 620 weiteren. Anders als der Senator vorgeschlagen hat, wollen sie nicht über Kredite der Investitionsbank selbst Eigentümer ihrer Wohnungen werden. „Es ist kein Rettungspaket, sich mit 300.000 Euro zu verschulden“, sagt ein Redner. „Nee, nee, nee, SPD“, ruft die Menge – und in Richtung Deutsche Wohnen: „Enteignen! Enteignen!“

Derselbe Redner berichtet von einem schon vor Jahren in Eigentumswohnungen aufgeteilten Zuckerbäcker-Haus am Frankfurter Tor. „Eine Hausgemeinschaft gibt es dort nicht mehr“, berichtet er, stattdessen ein Loft, wo einmal die für alle zugängliche Dachterrasse war, Eigentümer mit mehreren Wohnungen, Airbnb-Unterkünfte. Die Versammelten favorisieren ein Treuhändermodell, wie es Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) vorgeschlagen hat. Über Landeskredite wollen sie die Wohnungen erwerben und dann an eine Wohnungsbaugesellschaft abtreten.

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Schwierig ist das, weil Verkäufer und die Deutsche Wohnen untereinander vereinbart haben, dass die Mieter für den Kauf keinen Kredit auf ihr zukünftiges Eigentum aufnehmen und ihr individuelles Recht auch nicht abtreten dürfen. Ein erstes Gutachten sah eine Übertragung als machbar an, wurde aber von Kollatz’ Staatssekretärin Margaretha Sudhof verworfen. Bis Montag sucht eine beauftragte Kanzlei nach einer neuen tragfähigen Lösung.

Schmidt machte am Sonntag bereits Hoffnung. Auf Twitter attestierte er dem neuen Gutachten eine „sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Umsetzbarkeit“. Ebenso erwähnte er „Unterstützungsangebote von Dritten“; womöglich ist damit die Einbindung von Genossenschaften gemeint. Bereits an diesem Dienstag will Finanzsenator Kollatz entscheiden.

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