Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um
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Im Jahr 1966 entdeckte KP Brehmer (1938–1997) Briefmarkenmotive als Medien seiner Kunst. Der Kreuzberger Künstler, der die „Visualisierung politischer Prozesse“ anstrebte, benutzte und verfremdete zumeist bestehende Postwertzeichen, die er in Großformate übertrug und mit Stempeln wie „2 x täglich Zähneputzen“ versah. Als Vorlagen dienten ihm Motive wie die lange nach dem Mauerbau von der Bundespost herausgegebene Marke „Brandenburger Tor“ (auf welcher freilich die Mauer fehlte), genauso wie die DDR-Marke mit dem Ulbricht-Profil oder Nazi-Marken mit Motiven des Reichsarbeitsdienstes (RAD). Eine Auswahl der „Briefmarken“ ist derzeit in der Galerie Diehl zu sehen, unter anderem auch eine 1971 produzierte Jahresgabe für den Hamburger Kunstverein mit dem Konterfei des kommunistischen Arbeiterführers Ernst Thälmann, von dem es freilich nie eine Bundespostmarke gab (bis 19. 1., Di.–Fr. 11–18, Sa. 11–14 Uhr, Niebuhrstr. 2).

Zu Zeiten der Teilung Berlins konnte man an bestimmten Stellen von kleinen Aussichtsplattformen an der Mauer vom Westen aus nach Ostberlin schauen – und hinüberwinken. Ein wenig erinnert das zartrosa Gestell in der Galerie Neu an solch eine historische Plattform, welche die in Los Angeles lebende Künstlerin Jill Mulleady anlässlich ihrer Ausstellung „Mouth-to-Mouth“ errichtet hat. Wer die steile Leiter erklimmt, bekommt eine Draufsicht auf die Ausstellung und rückt zugleich einem höher gehängten Bild näher, auf dem eine heruntergelassene Hose den Blick auf einen Anus freigibt. Eine gewisse Düsterkeit liegt über den Landschaften, Stillleben und Interieurs der Künstlerin: Die Fenster eines leeren Schlafzimmers schauen auf ein loderndes Flammenmeer. Dieser Surrealismus erscheint angesichts der letzten Waldbrände von der kalifornischen Wirklichkeit verschluckt (bis 12. 1., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Linienstr. 119 abc).

Kürzlich veröffentlichte die NASA erstmals Tonaufnahmen von Winden auf dem Mars. Von Menschen könne das tiefe Grummeln aufgrund des Frequenzbereichs allerdings nicht gehört werden, teilten die Wissenschaftler mit. Um eine Zukunft auf dem Mars wiederum dreht sich das Werk von Ueli Etter. Seit 1997 arbeitet Etter an einer Werkgruppe, die von einem futuristisch-imaginären Themenpark auf dem Planeten handelt. Die dortigen Abenteuer ähneln Grenzerfahrungen, das jedenfalls kann man aus dem ausliegenden Führer herauslesen, den der Künstler für sein Langzeitprojekt produzierte. Bei Zwinger sind derzeit Parkansichten ausgestellt und comicartige Bögen über das Leben auf dem einsamen Planeten (bis 12. 1., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Mansteinstr. 5).