berliner szenen
: Hand in Hand den Berg runter

Eine Freundin sagt mir, sie fühle sich im Moment so fragil wie eine Schneeflocke. Vielleicht kommt sie auf die Idee, weil wir am Weihnachtsmarkt sind. Wir trinken Glühwein am Potsdamer Platz, und ich finde den Vergleich so schön, dass ich lächeln muss, obwohl sie es ganz ernst meint.

Sie erzählt mir über ihre traumatische Trennung. „Nach so vielen Jahren zu zweit weiß ich nicht mehr, wer ich bin“, sagt sie. „Aber ich weiß, wer du bist“, antworte ich und umarme sie. Sie habe außerdem das Gefühl, alles was sie gerade erlebe, schon mal von FreundInnen gehört zu haben. Und doch habe sie gedacht, so was würde ihr nie passieren.

„Tja, das Leben“, sage ich und komme mir doof vor. Dann gehen wir zur Currywurstbude, essen Pommes, rot-weiß, und gucken uns die Menschen an, die die Rodelbahn herunterrollen.

„Sollen wir?“, frage ich. Nee, sie habe kein’ Bock. „Komm, es ist bestimmt lustig. Hast du das schon gemacht?“, versuche ich weiter. „Ich auch nicht, lass uns es ausprobieren. Ich lade dich ein.“ – „Okay“, sagt sie, sieht aber weiterhin nicht begeistert aus, als wir Schlange stehen, während ich mich tierisch darauf freue.

Schreien und Lachen wie Verrückte

Wir sind endlich dran. Wir ­geben uns die Hände, wie wir gesehen haben, dass es alle tun, wir bekommen einen Schub und rutschen mit den Gummischlitten blitzschnell bergrunter.

Adrenalin! Hand in Hand schreien und lachen wir wie Verrückte, und ich merke dabei, dass die Sekunden, die das Ganze dauert, absolut glückliche Sekunden sind.

Ich weiß aber nicht, ob es meiner Freundin auch so ging wie mir, bis wir wieder auf dem Platz sind. „Jetzt lade ich dich ein!“, ruft sie außer Atem und zieht mich mit voller Kraft Richtung Kasse.

Luciana Ferrando