briefe
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„Könnwer nich“

„U-Bahn immer unterirdischer“, taz 29. 12. 19

Sehr geehrter Herr Prößer, ich kann nur spekulieren, dass ein gutes Buffet bei der Pressekonferenz der BVG anlässlich der Sperrungen, über die Sie in der taz im Berlinteil auf Seite 43 berichten, Sie schläfrig gemacht hat oder die Aussagen der BVG-Pressechefin Petra Reetz nach dem immer gleichen berlintypischen Motto „Könnwer nich, hamwer nich“ Sie eingelullt haben, sodass aus meiner Sicht eine eigenständige Recherche vernachlässigt wurde.

1. Der Verkehr auf der U2 wäre zwischen Gleisdreieck und Nollendorfplatz auch ohne Kehranlage möglich, schließlich hat der Bahnhof Schlesisches Tor über Jahrzehnte vor dem Mauerfall ohne eine solche funktioniert.

2. Wer wie ich seit 1988 in Kreuzberg lebt, weiß von den zahllosen Sperrungen des Hochbahnviadukts eine endlose Ballade zu singen. Hätten die Interessenverbände der Fahrgäste einen etwas längeren Atem, dann hätten sie die Anlässe der jeweiligen Sperrungen der letzten dreißig Jahre im Aktenordner und könnten vermutlich nachweisen, dass entweder schlampig und/oder unkoordiniert geplant wurde. Wahrscheinlich, auch das berlintypisch, kommt beides zum Tragen.

3. Wenn die Fahrgastzahlen stetig steigen, dann liegen wachsender Verschleiß des gleich bleibenden Materials etc. auch ohne kaufmännische Vorkenntnisse auf der Hand. Warum die BVG, die als Anstalt des öffentlichen Rechts einen klaren Auftrag hat und unabhängig von der Politik agieren kann, erst reagiert, wenn auch die Fahrgäste es bitter merken, bleibt unerwähnt; die Zeiten für Ausschreibungen und für Lieferungen betrugen schon immer Jahre. An den Honorierungen kann es meines Erachtens nicht liegen, schließlich streicht Frau Sigrid Evelyn Nikutta, Vorsitzende der BVG, mehr Jahresgehalt ein als die Bundeskanzlerin Angela Merkel, doch offensichtlich ist das einzig Erwähnenswerte über Frau Nikutta der persönliche Werkstattbesuch.

Suchen Sie sich in diesem Zusammenhang einmal die Meldungen der Sprecherin der BVG, Petra Reetz, raus, als die Bundesregierung die kostenfreie Nutzung des ÖPNV in Erwägung zog. Frau Reetz wies das ohnehin hypothetische Ansinnen der Bundesregierung allein aus Gründen der Kapazität zurück, anstatt Überlegungen vorzustellen, wie ebendieses zu realisieren wäre. Sie ist aus meiner Sicht eben doch nicht mehr als eine ehemalige Sprecherin des Senats, nur jetzt zu außertariflichen Bezügen.

4. Ganz verschwiegen haben Sie, dass die Fahrgäste, die auf der U2 aus Richtung Krumme Lanke kommen, während der Sperrung am U-Bahnhof Spichernstraße einen weiten Weg durchs im Januar und Februar voraussichtlich nicht gerade angenehme Freie gehen müssen, da die BVG dort für den Einbau eines Aufzugs zwei Jahre veranschlagt hat. Angesichts der Dimension der Maßnahme sind das geradezu BER-Zeitmaßstäbe.

Ich finde Ihren Beitrag aus den vorgenannten Gründen geradezu unerhört unkritisch, sehr geehrter Herr Prößer. Zu meiner Genugtuung hat immerhin die- oder derjenige, der die Überschrift formuliert hat, das genauso gesehen, ob bewusst oder unbewusst. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem taz-Anspruch an kritische Berichterstattung gerade in Sachen BVG Rechnung tragen würden.

Michael Kasiske, Berlin

Geschichte getilgt

„Ausblick auf Berlin 2019: Friede dem Schloss“, taz.de vom 29. 12. 18

Musste es die unselige Schlossfassade sein? Das Kaiserreich war ja nicht gerade ein Vorbild an Freiheit und Demokratie.

Ein komplett neu gestaltetes Gebäude wäre dem Anfang eines geeinten Deutschlands würdiger. So sieht es aus, als ob die Geschichte zwischen Kaiserreich und Wiedervereinigung einfach getilgt werden soll. Schade. J_CGN, taz.de

SEZ ein Politikum

„SEZ: Der Stillstand geht weiter“, taz.de vom 28. 12. 18

Gründe gegen den Abriss des Sport- und Erholungszentrums Friedrichshain (SEZ) – für die Sanierung:

Soziale Gründe: Viele junge Familien mit kleinen Kindern zogen in der letzten Zeit nach Friedrichshain. Friedrichshain hat weniger Bedarf an Wohnungen, sondern mehr an attraktiven Kultur- und Sportstätten.

Kulturelle Gründe: Kulturelle Vielseitigkeit beispielhaft. Gibt es ein vergleichbares Objekt? Nein? Alleinstellungsmerkmal.

taz.die tageszeitung Friedrichstr. 2110969 Berlin briefe@taz.de www.taz.de

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Technisch- kommerzielle Gründe: Gibt es ein vergleichbares Objekt, das Eisstadion (zwei Eisbahnen) und Schwimmbad (inklusive Wellenbecken) gleichzeitig beherbergt? Nein? Alleinstellungsmerkmal.

Kosten für Abriss plus Neubau 1 x Schwimmbad (mit Wellenbecken) + 1 x Eisstadion (2 Eisbahnen) nicht geringer als für Sanie­rung des SEZ. Energie- und Betriebskosten für separates, neu gebautes Schwimmbad (und Wellenbecken) + separates, neu gebautes Eisstadion (2 Eisbahnen) nicht geringer als SEZ (sogar etwa doppelt so groß wegen der vorteilhaften Kälte-Wärme-Kopplung im SEZ).

Bebauungstechnische Gründe: Das Areal beinhaltet Grünflächen, die aktiver Teil des kulturellen und sportlichen Angebotes sind.

Denkmalschutzgründe: Aufgrund der kulturellen Vielseitigkeit und der bahnbrechenden technischen Umsetzung wäre ein Antrag auf Denkmalschutzstatus (kulturell und technisch) die logische Folge.

Gründe für den Abriss – gegen die Sanierung:

Politische Gründe: Erich Honecker weihte es 1981 ein (Politikum). Beobachter0123, taz.de