Ex-AfD-Berater Patzelt und die CDU: Endlich Aktivist

Der AfD-Berater Werner Patzelt arbeitet an der Wahlkampfstrategie der Sachsen-CDU. Wessen Geschäft betreibt er dabei wirklich?

Werner Patzelt hebt zwei Finger

Hinterlässt die CDU der AfD eine Repräsentationslücke? Werner Patzelt sieht das so Foto: dpa

Wer den Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt lange kennt, wird sich nicht wundern, dass er nun als Co-Vorsitzender der CDU-Programmkommission für die sächsischen Landtagswahlen am 1. September aktiv ins Geschehen eingreift.

Seit er 1991 an die TU Dresden kam, laviert er geschickt zwischen objektivierender Wissenschaft und der subtilen Absicht, politische und mediale Wirkung entsprechend seinen Überzeugungen zu erzielen. Eine polarisierende Wirkung, durch die er selbst – beziehungsweise bei einem Antifa-Anschlag 2017 sein Auto – zur Zielscheibe avancierte. Auch der seit einem reichlichen Jahr amtierende sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer bescheinigt ihm „immer einen klaren Standpunkt“.

Denn jeder weiß, dass der gebürtige Passauer mindestens ein Konservativer ist. Der kultivierte Mann, der Esperanto spricht und auf dem Cello musiziert, hat dabei durchaus radikale Ideen: In einem Interview setzte er sich beispielsweise für ein Mehrheitswahlrecht ein, um klare politische Verhältnisse zu schaffen.

Obschon die sächsische Union als die schwärzeste unter allen CDU-Landesverbänden gilt, kritisierte Patzelt stets die „Repräsentationslücke“, die sie am rechten Rand hinterlasse. In der Partei, der er erst 1994 beigetreten war, engagierte er sich aber nicht aktiv für einen Kurswechsel. Das verbot denn doch seine Wissenschaftlerrolle. Die führte ihn zwar auch zu Vorträgen bei der Linken-Vorgängerin PDS oder der SPD.

Aber seine jetzt bekannt gewordenen Gutachten und Reden bei der AfD seit 2015 gehen über eine bloße Beratertätigkeit hinaus, zumal er dort nicht nur gut honoriert, sondern auch als Gleichgesinnter gefeiert wurde. Der sächsische AfD-Landeschef Jörg Urban nennt ihn nicht umsonst einen „bekannten Migrationskritiker“.

AfD – eine Partei wie jede andere?

Nun steht Werner Patzelt kurz vor der offiziellen Emeritierung und muss auf postulierte Neutralität keine Rücksicht mehr nehmen. Auf seinem Blog erklärt er, warum er die Rolle als Beobachter am Spielfeldrand verlassen habe und sich selbst auf das „politische Spielfeld“ begebe. In „die gleiche politische Spielfeldhälfte, in der auch die AfD spielt“, schreibt Patzelt. Neu ist diese Rolle nicht. Ende September 2016 verfasste er mit Joachim Klose von der Adenauer-Stiftung für die sächsische CDU und die CSU einen Leitkultur-Aufruf „Heimat und Patriotismus“.

Patzelt kritisiert stets die „Repräsentationslücke“, die die CDU am rechten Rand hinterlasse

Nach Patzelts eigenem Bekunden will er die Blaubraunen von der AfD aus der eigenen Spielfeldhälfte verdrängen. Er bezeichnet die Partei, die er sonst als „politische Partei wie jede andere“ ansieht, als Hauptgegner. Seiner CDU hingegen will er helfen, auf den im wahrsten Wortsinn rechten Weg zurückzufinden, von ihrer Arroganz abzulassen und verlorene Wähler zurückzuholen.

Man darf extemporieren, wessen Geschäft er damit wirklich betreibt. Seine Genugtuung über das Auftauchen von Pegida und AfD verbarg Werner Patzelt ohnehin nur mühsam. ‚Ich habe euch schon immer gewarnt‘, lautete der Tenor seiner ungezählten Statements vor Kameras und Mikrofonen. Der Politikwissenschaftler weiß ganz genau, dass die sächsische Union auch mit einem Versuch, die AfD rechts zu überholen, nicht zu glorreichen absoluten Mehrheiten wie zu Kurt Biedenkopfs Zeiten zurückkehren kann. Patzelts Mitarbeit werde der Union nichts nutzen, prophezeit AfD-Chef Urban.

Soll die AfD hoffähig gemacht werden?

Die Frage des Koalitionspartners wird im bevorstehenden Wahlherbst die entscheidende sein. Noch lehnt Ministerpräsident Michael Kretschmer eine Koalition mit der AfD in seinen öffentlichen Aussagen strikt ab. Wohl wissend, dass diese Abgrenzung von nennenswerten Kräften in der Landespartei nicht geteilt wird, seinen eigenen Landtags-Fraktionschef Christian Hartmann eingeschlossen. Kann es sein, dass er den Politikprofessor, der in der Programmkommission seinem Naturell entsprechend nur ein Alphatier sein kann, deshalb geholt hat, um die AfD als Partner hoffähig zu machen?

Halten ihm die Wahlkampfstrategen geschickt dieses Hintertürchen offen, könnte Kretschmer nach dem 1. September sein Gesicht wahren, wenn er doch die AfD einer mindestens erforderlichen Dreierkoalition mit SPD, Grünen, FDP oder Freien Wählern vorzieht. Der arrogante AfD-Vorbehalt, in eine solche Koalition mit der CDU nur als stärkste Partei einsteigen zu wollen, dürfte dann nicht in Bronze gegossen sein.

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