Siegeszug der Wasserpfeife: Viel Geblubber

Immer wieder gibt es Razzien, Gäste müssen vergiftet ins Krankenhaus. Dabei stehen Shisha-Bars für etwas Wichtiges: Verlangsamung.

Glimmende Kohle: In einer Bar in der Wandsbeker Chaussee, einem Hotspot der Shisha-Kultur in Hamburg. Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Der Siegeszug der Shisha in den deutschen Metropolen hat etwas Paradoxes. Während sich die Schlagzahl des Lebens erhöht und die Vereinzelung zunimmt, zwingt die Shisha zur Verlangsamung, legt sie Geselligkeit, das Teilen mit mehreren Leuten nahe.

Eine Zigarette passt zum Takt der Moderne. Sie ist mindestens so sehr Sucht- wie Genussmittel. Sie sorgt für die Fünf-Minuten-Pause, die Arbeiter und Angestellte ohnehin mal einlegen sollten und garantiert, dass sie nicht länger ist. Mit einer hastig gerauchten Zigarette bekämpft man seine Nervosität. Bei einem Shisha-Raucher kommt Nervosität erst gar nicht auf.

Die Shisha stammt aus einer Epoche und aus einer Kultur, wo die Zeit ein langer ruhiger Fluss war und die Behörden einen eher losen, wenn auch im Ernstfall umso schärferen Zugriff auf den Einzelnen hatten. Hier und heute stehen die Bars unter verschärfter behördlicher und medialer Aufsicht.

Ziel regelmäßiger Razzien

Die Lokale sind Ziel regelmäßiger Razzien, bei denen der Zoll gerne gemeinsam mit der Polizei, dem Gewerbeaufsichtsamt und sogar der Feuerwehr anrückt, wie etwa am 11. Januar in Oldenburg und Cuxhaven. Die Beamten fanden Verdachtsmomente für Schwarzarbeit und das Vorenthalten des gesetzlichen Mindestlohns. Außerdem sammelten sie kiloweise unversteuerten Tabak ein.

Laut Hauptzollamt Braunschweig, das am Montag bei zwei Razzien in Shisha-Bars in Wolfsburg und Hildesheim fast 280 Kilogramm unversteuerten Pfeifentabak sicherstellte, gibt es „steuerrechtlich kaum eine Möglichkeit, diese Lokale legal zu betreiben“. Das liege daran, dass Tabak in Deutschland nur in verschlossenen Packungen mit Steuermarke, aber nicht in Einzelportionen verkauft werden dürfe. Außerdem falle bei jedem Mischen des Tabaks mit Feuchtigkeitsmitteln und Aroma die Steuer neu an.

Auf Nachfrage der FDP-Fraktion im Bundestag bestritt die Bundesregierung, dass es hier ein Pro­blem gibt. Shisha-Tabak gebe es bereits in legalen Verpackungen ab 15 Gramm. Das gelte auch für aromatisierte Sorten. Auf der Website shisha-forum.de werden fünf bis 25 Gramm, meist aber um zehn Gramm, als Menge für einen Pfeifenkopf angegeben.

Vergiftungen durch Kohlenmonixid

Für Aufsehen sorgten die wiederkehrenden Fälle von Kohlenmonoxidvergiftungen in Shisha-Bars. Allein in die Hamburger Krankenhäuser wurden 2017 nach Auskunft des Senats 25 Patienten mit Verdacht auf Kohlenmonoxidvergiftung eingeliefert. Das Gas entsteht, weil der Shisha-Tabak auf Kohlen verbrannt wird. Es blockiert den Sauerstoff-Transport im Blut, weshalb die Patienten mit Sauerstoff druckbetankt werden müssen.

Für die deutschen Tabakbauern dagegen ist der Shisha-Boom ein Segen. „Um 15 bis 20 Prozent pro Jahr wächst der Shisha-Markt“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Tabakpflanzer, Hubert Bleile, vergangenen November gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Der deutsche Tabak werde zu 96 Prozent zu Shisha-Tabak verarbeitet.

Den ganzen Schwerpunkt zu Shisha-Bar-Hotspots und was Gerhard Schröder damit zu tun hat finden Sie in der taz am Wochenende: am Kiosk oder hier.

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