Protestieren, aber nicht zusammen

Vor dem Aachener Rathaus wird für und gegen Europa demonstriert

Gegenüber vom Aachener Rathaus schwingen Menschen EU-Fähnchen. Manche tragen Flaggen als Umhänge, andere haben blaue Hüte auf, eine Frau trägt eine selbst gebastelte EU-Krone. Viele Menschen hier gehören zu Pulse of Europe, einer Vereinigung „überzeugter Europäer und Demokraten“. Viele sind einfach so gekommen: AnwohnerInnen, die sich noch an die Schlagbäume erinnern können. StudentInnen, deren Master sie jedes Semester in ein anderes Land führt. Ein junger Mann lobt den Frieden.

Die blaue Gruppe ist leiser als die anderen beiden Gruppen weiter hinten: die in den gelben Westen. Am Zugang zum Bereich am Rathaus kontrollieren PolizistInnen jede Tasche, jede Jacke, jede Hose. „Trillerpfeife dabei? Nein? Gut.“ Außerhalb des Bereiches ist es laut. Trillerpfeifen, Megafone. Die Aufstehen-Bewegung trägt gelbe Westen, ebenso die Linksjugend und diejenigen, die sich selbst als unpolitisch beschreiben und gemeinsam mit Rechten stehen. Auseinanderhalten kann man die Gruppen nur, weil dazwischen Platz ist.

Die Kritik ist bei den Gelbwesten lauter als bei den Blauen, wo ein Mann findet: „Lieber eine schlechte EU als keine EU.“ Europa müsse demokratischer und gerechter werden, sagen die Menschen. Sie kritisieren Aufrüstung, Mindestlöhne und sagen, sie fühlten sich im Stich gelassen. Die Kritik gleich sich, aber gemeinsam will man nicht auftreten. „Die da sind rechts“, sagt ein Mann in Gelbweste und zeigt auf die anderen Gelbwesten. Zu den Blauen hätte man sich wohl gestellt – aber die Kontrollen hätten sie abgehalten: „Wir dachten, da darf nicht jeder hin.“ Anett Selle

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