Philipp Rhensius
hört auf den Sound der Stadt
:

Musik und Politik führen eine schwierige Beziehung. Unter politischer Musik wird oft jene verstanden, die Botschaften herausschreit. Doch Politik kann auch in der Musik selbst stecken: Ob radikale Dissonanzen in Neuer Musik oder polyrhythmische Beats in alternativer Clubmusik, so mancher Sound bringt Körper in Wallung, bis er nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Zum Kreuz auf dem Wahlzettel ist es dann noch ein weiter Weg. Aber Politik ist auch, wenn das Ich konfrontiert wird mit etwas, das sich erst mal so gar nicht mit der eigenen Erfahrung deckt – woraus sich Fragen stellen, wo vorher Antworten waren.

Musik, die nicht nur unterhält, sondern auch herausfordert, gibt es diese Woche genug, etwa bei „Phill Niblock presents“. Der US-Komponist Niblock ist vor allem für seine mikrotonalen Schichtungen und dafür bekannt, die Wahrnehmung von Zeit herauszufordern. So wird im „KM 28“ das 6-köpfige Ensemble Partitions and Resonances sein Stück „Two Blooms“ aufführen, während die Cellistin Lucy Railton das Werk „Poure for Lucy“ performen wird. Railton, die zuletzt ihr Album „Paradise 94“ auf dem Experimental-Techno-Label Modern Love veröffentlicht hat (24. 1., Karl-Marx-Str. 28, 19.30 Uhr).

Clubnah, aber nicht clubbig wird es beim ebenfalls eher anti-harmonisch veranlagten Soundkünstler Nik Nowak im Rahmen des CTM-Festivals in der Halle am Berghain. Die Sound-Installation „The Mantis“, bestehend aus einer tonnen­schweren, panzerartigen Sound-Skulptur, reflektiert den „Lautsprecherkrieg“ 1961 kurz nach dem Mauerbau (25. 1., Am Wriezener Bahnhof, , 12–18 Uhr, 5 €).

Stiller wird es am Montag, wenn der Stummfilmklassiker „Der Golem, wie er in die Welt kam“ von 1920 im Arsenal mit Klavierbegleitung des Pianisten Richard Siedhoff gezeigt wird (28. 1., Potsdamer Str. 2, 19 Uhr).

Nun sitzen alle schön gemeinsam im Kino, aber wie gestalten wir ein Kollektiv, das zusammen fühlt und handelt? Diese Frage steht bei einem weiteren CTM-Abend im HAU 2 im Vordergrund. Er beginnt mit der schwedischen Komponistin Maria W Horn, die sowohl mit der Dehnung von Zeit als auch mit akustischen Extremen arbeitet. Als Mainact spielt Colin Self, der mit Chor und Streicher-Ensemble seine queere Sci-Fi-Operette „Elation“ vorstellt, die von einem ziemlich jetzigen Phänomenen handelt: dem vermeintlichen Zusammenhang zwischen der wachsenden globalen Unsicherheit und der Obsession nach apokalyptischen kulturellen Trends. Musik und Politik – da war doch was (30.1., Stresemannstraße 29, 19 Uhr, 22/17 €).