Das Blaue vom Himmel

Genossenschaft klagt gegen Sozialbindung

Wohnungsgenossenschaften zeichnen sich normalerweise dadurch aus, dass sie versuchen, günstigen Wohnraum zu bieten. Blöd nur, wenn sich eine Genossenschaft auf Ewig dazu verpflichtet, Sozialwohnungen zu betreiben – und irgendwann keine Lust mehr auf die damit verbundene Mietpreisbindung hat. Gegen eben diese Sozialbindung klagt die Hannoversche Wohnungsgenossenschaft Gartenheim beim Bundesgerichtshof (BGH).

1995 kaufte eine Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Langenhagen Grundstücke ab und verpflichtete sich gegen ein zinsgünstiges Darlehen, darauf Sozialwohnungen mit unbegrenzter Bindung zu bauen. Kurz darauf kaufte die Wohnungsgenossenschaft Gartenheim die Grundstücke mitsamt Verpflichtungen und baute darauf 52 Sozialwohnungen. 20 Jahre später entschied sich die Genossenschaft, gegen die unbefristete Bindung zu klagen.

Eine Sozialbindung dürfe einen Zeitraum von 15 Jahren grundsätzlich nicht übersteigen, die Vereinbarung sei unverhältnismäßig, heißt es in der Klage. Diese scheiterte vorm Landgericht Hannover und dem Oberlandesgericht. Das Gartenheim legte Revision beim Bundesgerichtshof ein. Das Urteil ist schon gefällt, die Verkündung findet am 8. Februar statt.

„Aller Voraussicht nach wird die Sozialbindung nachträglich befristet“, erklärt Volkert Vorwerk, BGH-Anwalt der Stadt Langenhagen. Die Befristung würde sich damit an der Dauer der Rückzahlung des Darlehens orientieren, sagte Vorwerk auf Anfrage der taz. Bis 2040 oder 2045 also müsste Gartenheim die Sozialmieten erhalten.

Die Genossenschaft ist in Hannover durchaus umstritten. Mit dem Bild einer weißen Schnecke mit großen Brüsten warb sie jahrelang auf den Bussen und Bahnen der Üstra. Das Maskottchen hat Geschäftsführer Günter Haese eigenhändig entworfen – laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung sogar nach dem Vorbild seiner Frau.

Auch als es darum ging, Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen, äußerte er sich deutlich: Man stünde neuen Bevölkerungsgruppen gegenüber, „deren Nutzungs- und Abnutzungsverhalten man in keiner Weise mehr abschätzen kann“, schrieb er.

Zu dem Verfahren wollte sich Haese der taz gegenüber nicht äußern. „Ein unbefristetes Belegrecht ist ein ewiger ökonomischer Nachteil“, sagte er der Wirtschaftswoche. Klar, im Kapitalismus muss man mithalten. Carlotta Hartmann