Michael Bartsch über Hilfen für ostdeutsche Bundesländer
: Behörden müssen Osten retten

Jubel brandet auf jenseits von Werra und Elbe. Denn der Aufschwung Ost ist gerettet, seit Bundesinnen- und Verteidigungsministerium die Ansiedlung der neuen Agentur für Cybersicherheit im Raum Halle-Leipzig bekannt gegeben haben. „Hier wird Zukunft geschrieben“, schreibt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Blum spricht von einem „günstigen Coup“. Auch der Präsident der Leopoldina-Naturforscherkademie in Halle Jörg Hacker schwärmt von gemeinsamen Projekten mit der Region.

Zum Nachtisch gab es Ende der Woche noch Süßes obendrauf. Das im Oktober vom Bundestag beschlossene „Forum Recht“, das die deutsche Rechtsgeschichte dokumentieren wird, soll neben Karlsruhe ein zweites Standbein in Leipzig erhalten. Hier fiel der Jubel nicht einstimmig aus, denn Weimar und Magdeburg waren ebenfalls scharf auf das Strukturen rettende Bundesgeschenk.

Nun konnte man die Hauptstadtentscheidung Berlin statt Bonn nach der Wiedervereinigung noch gut verstehen. Es ging auch um ein Signal, dass die neue Republik nicht mehr die alte, rheinische sein sollte.

Im Jahre 30 nach dem Mauerfall aber schreit das defizitäre ostdeutsche Selbstbewusstsein immer noch nach Aufwertung durch Behördenverlagerung des Bundes. Da herrscht kein Ost-West-Proporz, klar. Aber jeder Senat eines Bundesgerichtes, der in den Osten umzieht, wird gefeiert. Es bedarf offensichtlich nach wie vor dieser Symbolpolitik. Denn auch eine Cyberschutzagentur mit 100 qualifizierten Arbeitsplätzen und immerhin rund 40 Millionen Euro Jahresausstattung wird den unaufholbaren Wertschöpfungsrückstand der ehemaligen Beitrittsländer nicht entscheidend verringern. Und der bei den Kohleverhandlungen von Ost-Vertretern schon geforderte Deal „Ausstieg gegen Bundesbehörden“ trug groteske Züge.

Außerdem zeigt der Streit um das „Forum Recht“, dass der Osten längst nicht mit einer Stimme spricht und Kirchturmpolitik herrscht. Jede noch so marginale symbolische Hilfe ist besonders im Megawahljahr Ost willkommen.