Kühne + Nagel unter Verdacht

Die Spedition soll eine Möbelfirma durch überhöhte Transportrechnungen in den Ruin getrieben haben

Von Gernot Knödler

Die Möbelfirma, die angeblich von der Spedition Kühn + Nagel in die Insolvenz getrieben wurde, könnte Opfer von Korruption geworden sein. Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht wurde am Donnerstag deutlich, wie das abgelaufen sein könnte. Das Gericht sah es aber noch nicht als erwiesen an und kündigte die Vernehmung weiterer Zeugen an.

Die in Liquidation befindliche Möbelfirma aus Franken hat Kühne + Nagel mit seinem deutschen Hauptsitz in Hamburg auf die Zahlung von 95 Millionen Euro verklagt. Mitarbeiter der Spedition sollen einen Bevollmächtigten des Möbelhändlers bestochen haben, um Frachtaufträge zu erhalten. Sollte sich der Vorwurf erhärten, wären die Aufträge unwirksam. Kühne + Nagel müsste das Geld zurückzahlen.

Die klagende Möbelfirma importierte unter den Namen Chromex oder Chromo im großen Stil Möbel aus Asien, um sie in Europa zu verkaufen. Ein ehemaliger Kühne + Nagel-Mitarbeiter aus Bremen schilderte vor dem Oberlandesgericht, wie der Transport abgerechnet wurde: Auf die Transportkosten für einen Container schlug die Spedition eine Gebühr für ihre Bemühungen auf, aus der sich die Rechnung für den Auftraggeber ergab.

Im Falle von Chromo wurde daraus formal eine „Netto“-Rechnung, die um einen weiteren weit höheren Aufschlag zu einer „Brutto“-Rechnung wurde. Der Differenzbetrag wurde demnach von Kühne + Nagel Bremen an die Niederlassung Nürnberg und von dort aus nach Hongkong überwiesen. Nach Darstellung des Chromo-Anwalts Reiner Fuellmich landete es letztlich bei dem damaligen Bevollmächtigen von Chromo in Asien, Horst Kurhofer.

Ob Kurhofer damit bestochen wurde, blieb in der Verhandlung offen. Das Konstrukt Brutto-Netto-Rechnung sei ihnen unbekannt oder komme ihnen zumindest ganz ungewöhnlich vor, äußerten mehrere Zeugen. Der Brutto-Aufschlag sei jedenfalls kein Bonus gewesen, sagte der ehemalige Kühne + Nagel-Abteilungsleiter Detlef Albert. „Es wurden keine Volumina gezählt und Rabatte wären auf Rechnung in Deutschland bezahlt worden.“

Albert kümmerte sich nicht weiter um diese Besonderheit. Wie er sagte, verließ er sich auf die Behauptungen seines damaligen Nürnberger Vertriebskollegen Karl-Heinz Braun, der die Frachtraten mit Chromo verhandelte. Demnach habe Chromo-Geschäftsführer Thomas Launer den Aufschlag als Schwarzgeld zum Aufbau von Lieferanten benötigt. Er habe nicht nachgefragt: „Wir haben an jedem Container verdient.“

Chromo sei ein guter Kunde gewesen, bestätigte Wolfgang Lindner, ehemaliger Niederlassungsleiter von Kühne + Nagel in Nürnberg. Braun habe hervorragend gearbeitet. Er sei froh gewesen, sich um andere Bereiche der Niederlassung kümmern zu können. Allerdings seien die Summen, die Braun bewegt habe, so hoch gewesen, dass er sie „mit jemandem in der Zentrale abgestimmt haben“ müsse.