Einfach durchboxen

Warum Boxen nicht nur Männersache ist, wofür es sich zu kämpfen lohnt und was das alles mit Heimat zu tun hat, erzählt unsere 20-jährige taz-lab-Schülerpraktikantin Arwa Bakri hier und auch auf dem taz lab

Arwa Bakri Foto: Torben Becker

Die Zeiten, in denen nur Männer die Boxhandschuhe überstreiften, in den Ring stiegen oder auf den Sandsack ein­droschen, sind längst vorbei. Immer mehr Frauen entdecken den Boxsport für sich, denn er ist gut für die Figur und für den Kopf. Einige Frauen boxen, wenn sie wütend oder traurig sind, andere, um sich abzureagieren. Außerdem ist Boxen super gegen Stress. Boxen trainiert und stärkt die Muskulatur der Körpermitte. Das sorgt für eine gute Balance und Körperspannung, da man immer auf den nächsten Schlag des Gegners gefasst sein muss.

Tatsächlich ist die Geschichte der Boxerinnen noch jung: Kaum zu glauben, dass Boxerinnen erst im Jahr 2012 bei den Olympischen Spielen starten durften. Dass Boxen aber trotzdem nicht nur Männer­sache ist, sieht man an den vielen ­erfolgreichen Boxerinnen: zum Beispiel Susianna Lewonowna Kentikian, einer deutsch-­armenischen Profiboxerin, die von ihren Fans die mörderische Königin genannt wird. Oder an der Berlinerin Zeina Nassar, die als erste mit Kopftuch in den Ring stieg und schon fünf Mal Berliner Meisterin geworden ist.

Meine eigene Box-Geschichte begann in Syrien, als ich 8 Jahre alt war und anfing mit meinem Vater spielerisch zu kämpfen und meine Faust im Gesicht meines Vaters landete. Das war der Moment, in dem wir meine Fähigkeit zu boxen und die Stärke meiner Hand entdeckten. Ich fand es toll, so einen starken Schlag zu haben. Aber meine Mutter war gegen das Boxen, weil ich ein Mädchen bin und ihrer Meinung nach Mädchendinge tun sollte.

Ich habe versucht andere Dinge zu finden, um den Vorfall mit meinem Vater und dem Faustschlag zu vergessen. Dann fing ich an, heimlich zu boxen. Mein Vater hat mir dabei geholfen. Am Ende erlaubte es mir meine Mutter aber doch.

Ich fing an, im Fernsehen nach Vorbildern zu suchen, aber dort fand ich nur Gewalt. Deshalb entschied ich mich, Boxen zur Selbstverteidigung zu verwenden und es als mein Hobby zu betrachten.

Ich habe viel Fitness gemacht, um meine Kraft und Beweglichkeit zu verbessern und den Schlag meiner Hand zu stärken. Schritt für Schritt begann ich Schläge zu trainieren und mich zu verbessern. Dann wurde ich 14 Jahre alt, und mein Vater entschied sich für eine andere Familie. Damals beschloss ich mit dem Boxen aufzuhören.

Im Alter von 16 Jahren zog ich mit meiner Großmutter von Syrien nach Deutschland, wo ich mein Leben neu ordnete und begann mich wieder mit dem Boxen zu beschäftigen. Ich hatte die Entscheidung meines Vaters verkraftet, ging zurück zum Training und fing wieder an zu boxen.

Ich bin jetzt 20 Jahre alt und möchte das Beste aus dem Boxen machen. Ich boxe in der Erinnerung an meinem Vater. Arwa Bakri

Auf dem taz lab redet Arwa Bakri mit anderen Boxerinnen über Sehnsucht, Heimat und Boxen.