Kolumne Jung und dumm: Ideen, um die Welt besser zu machen

Meine Krankenkasse empfiehlt mir eine Stress-App, in meinen Arschbacken leben Bandwürmer und im Traum scheitere ich an Grundschulaufgaben.

Vor einem Regenwurm stehen Miniatur-Spielfiguren

Am Freitag ist Welttag des Regenwurms. Schon ganz aufgewühlt. Foto: margie/Photocase

Gute Nachrichten: Der Fuchsbandwurm, der mich bewohnt, hat Kinder bekommen. Schon seit einiger Zeit verspürte ich unnatürlich großen Appetit; der Endoparasitologe in mir wusste natürlich sofort Bescheid. Geschirrhandtücher, Salz, Schokolade, gebratene Riesenboviste, Heide-Schleimfüße, Buchstabensuppe, Hubbabubba und Karotten machten seither den Hauptteil meiner Mahlzeiten aus. Das war durchaus nicht normal.

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Anruf von der Krankenkasse: Mein Antrag auf Rückabwicklung der angezeigten Schadensmeldung sei bewilligt worden. Ob ich nicht an einem Versuchsprogramm teilnehmen wolle? Man denke an meine Gesundheit und lege mir daher sehr ans Herz, die Stress-App herunterzuladen. Alle paar Stunden schicke die Stress-App Push-Mitteilungen an mein Handy, um daran zu erinnern, mich zu entspannen.

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Die beiden Bandwurm-Kinder sind passenderweise nach einigen Tagen in je eine meiner Arschbacken gezogen und leben da jetzt. Es federt noch etwas beim Hinsetzen und knirscht, wie bei einer dieser alten Jalousien.

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Maturatraum, aber mit Grundschulaufgaben. Ich scheitere trotzdem.

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Erkenntnis nach über 20 Jahren Deep Televisioning. Egal ob im Dschungel oder bei den Schwiegersöhnen, ob als Augenzeuge eines Chemieunfalls oder in einer Straßenumfrage – sobald echte Menschen in all ihrer Ungeschlachtheit die Bühne betreten, fühlen die Zuschauer zu Hause sich über sie erhaben. Je extremer, desto besser. Ob man sich das eingesteht oder nicht und welche Konsequenzen man daraus zieht, ignorieren oder wahrnehmen, wenn ja, wie: Das ist in manchen Kreisen fast noch umstrittener als die Frage, was gerade witzig ist und was nicht. Eins bleibt dabei unverändert, nimmt in seiner Intensität sogar noch zu: die Kluft an Abenteuer. Die Menschen im Fernseher erleben wenigstens etwas, fahren vielleicht sogar nach Thailand oder auf die Seychellen, um abgefilmt zu werden; sind auf jeden Fall mal im Fernsehen gewesen. Im Unterschied zu denen zu Hause, die sich wunddebattieren und gelangweilt sterben.

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Am Freitag ist Welttag des Regenwurms. Schon ganz aufgewühlt.

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Überlegt, ob es nicht praktischer wäre, statt einer Öffnung zwei am Hintern zu haben, analog zu Nasenlöchern. Deren zweifache Vorhandenheit sorgt ja auch für Ruhe und Entspannung in den umliegenden Körperregionen, verhindert Überlastung. Man kennt es von Rolltreppen: Ist die eine gerade kaputt, nimmt man die andere. Leider sind die Planungsparameter halbherzig geworden. Gerade die Flächenanbindung lässt zu wünschen übrig.

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Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.

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