heute in bremen
: „Da kommt nur eine Handvoll Leute um“

Foto: Südwind

Anton Pieper,

38, ist Politologe und arbeitet seit 2015 als Projektreferent bei dem Bonner „Südwind“-Institut für Ökonomie und Ökumene.

Interview: Jan Zier

taz: Ist es schwer, fair produzierte Arbeits- und Sicherheitsschuhe zu bekommen, Herr Pieper?

Anton Pieper: Es ist unmöglich!

Woran liegt das?

Das ist bei Schuhen insgesamt noch schwierig. Sowohl bei sozialen als auch bei ökologischen Standards ist die Schuhproduktion noch weit zurück, wenn man das etwa mit der Textilbranche vergleicht. Da liegt auch noch vieles im Argen, aber es wurden schon die ersten Schritte gegangen. Der Druck von zivilgesellschaftlicher Seite ist noch nicht so groß, und es gab da – auch wenn das zynisch klingt – noch nicht so große Skandale wie in der Textilwirtschaft. Da kommt dann nur eine Handvoll Leute um und nicht gleich tausend. Die Arbeitsbedingungen in der Schuhbranche sind dennoch katastrophal.

Gibt es überhaupt schon faire Schuhe?

Ja, das sind aber Nischenprodukte, Kinderschuhe etwa. Es gibt viele Alternativen zu Leder, zum Beispiel Bio-Baumwolle, die auch nach sozialen Standards produziert wird. Außerdem gibt es pflanzlich gegerbtes Leder und auch ein Siegel, das die Unternehmen verpflichtet, auf chromgegerbtes Leder zu verzichten. Bei Arbeits- und Sicherheitsschuhen sind aber die Anforderungen besonders hoch, da ist auch die Technik zum Teil noch gar nicht so weit.

Liegt das nicht auch an fehlender Nachfrage?

Kongress

„Faire Schuhe für Kommunen“, 9.30 bis 15 Uhr, Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5

Absolut. Je größer die Nachfrage ist, je mehr werden solche Dinge entwickelt und produziert. Das sieht man ja an den Kinderschuhen. Die öffentliche Hand ist da ein wichtiger Akteur: In Deutschland werden jedes Jahr 350 Milliarden Euro für Beschaffung ausgegeben. Und gerade bei Arbeits- und Sicherheitsschuhen waren deutsche Firmen nicht ganz so stark von der Abwanderung nach Asien betroffen. Die Lederproduktion jedoch wird ganz selten noch in Deutschland gemacht.

Wie groß ist der Markt für Arbeits- und Sicherheitsschuhe überhaupt?

Pro Jahr werden etwa 8,5 Millionen Paar nach Deutschland importiert, dazu kommen 6,2 Millionen Paar, die pro Jahr in Deutschland produziert werden. Der Durchschnittspreis der importierten Schuhe liegt bei 21 Euro, bei den hier gefertigten Arbeits- und Sicherheitsschuhen sind es dagegen 54 Euro. Deshalb ist das ein interessanter Markt, weil da noch viel Produktion in Deutschland ist.