Bahn auf Einkaufstour in Spanien

Interesse an spanischen Herstellern von Hochgeschwindigkeitszügen enorm gestiegen

Von Reiner Wandler, Madrid

Es war kein guter Tag für Siemens. Nach dem Aus für die Fusionspläne mit der französischen Alstom musste das deutsche Unternehmen mit ansehen, wie ein lukrativer Auftrag der Deutschen Bahn AG nach Spanien ging. Der dortige Hersteller von Schnell- und Hochgeschwindigkeitszügen Talgo wird 23 Züge für insgesamt 550 Millionen Euro an die DB liefern.

Die 230 Stundenkilometer schnellen Züge werden auf EuroCity-Strecken eingesetzt, also überall dort, wo kein ICE hinfährt: zwischen Berlin und Amsterdam, Köln und Westerland sowie zwischen Hamburg und Oberstdorf. Der Vertrag kann aufgestockt werden. Insgesamt ist von bis zu 100 Zügen die Rede.

Was – aus Berliner und Pariser Sicht – in den letzten Monaten bei dem Hin und Her über die Fusion der beiden Zughersteller Siemens und Alstom gerne vergessen wurde: Spanien gehört zu den wichtigsten Anbietern. Neben Talgo stellt mit CAF ein zweites Unternehmen Züge her. Talgo ist unter anderem in Texas und Saudi-Arabien mit am Start, CAF zudem in Kolumbien, Holland und Nordirland.

Es verwundert also nicht, dass die Wettbewerbsbehörde aus Madrid genau beobachtete, was da zwischen Siemens und Alstom geplant war. Zusammen mit der Marktaufsicht aus Großbritannien, Holland und Belgien schrieben sie einen Brief nach Brüssel, in dem der Stopp der Fusion gefordert wurde. Denn „der Verlust an Wettbewerb wäre umfangreich und von großer Bedeutung“, hieß es darin. Es war das erste Mal, dass Wettbewerbsbehörden aus mehreren EU-Mitgliedstaaten gemeinsam Beschwerde einlegten.

Nach dem Kauf der Talgo-Züge ist einer der nächsten großen Brocken auf dem europäischen Markt die spanische Bahn Renfe. Sie will in den nächsten fünf Jahren für rund 3 Milliarden Euro Züge und Wagons kaufen. Der Auftrag wird in vier Ausschreibungen aufgeteilt. Das dürfte die Chance der Bewerber – neben Talgo und CAF, Bombardier aus Kanada sowie Alstom und Siemens – erhöhen, ein Stück vom Auftragskuchen abzubekommen.

Anders als Frankreich und Deutschland, wo bisher die Aufträge zum größten Teil mit Alstom beziehungsweise Siemens an die heimische Industrie gingen, fahren in Spanien Hochgeschwindigkeitszüge unterschiedlicher Marken. Die Züge und Signalanlagen wurden von verschiedenen Firmen gebaut. So sind auf der Iberischen Halbinsel neben Talgo und CAF auch Siemens, Alstom und Bombardier aktiv.