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Vermessung der Biowelt

Die Biofach, 1990 gegründet, geht nun in ihr dreißigstes Jahr. Seitdem hat sich viel getan, die Biobranche ist enorm gewachsen und mit ihr auch die Messe

Vom 13. bis zum 16. Februar werden auf der „Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel“ mehr als 2.900 Aussteller und 50.000 Fachbesucher aus 130 Ländern erwartet. Anders als etwa auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin ist die Veranstaltung keine Publikumsmesse, es treffen sich ausschließlich die Akteure der Branche. Parallel zur Biofach findet auf dem Nürnberger Messegelände die Vivaness statt, eine „Internationale Fachmesse für Naturkosmetik“.

So wie der Handel mit Biolebensmitteln und anderen nachhaltig hergestellten Produkten in den letzten drei Jahrzehnten einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt hat, so entwickelte sich auch die dazu gehörende Fachmesse Biofach in Nürnberg. Gewissermaßen auf einem Umweg, denn ihre Geburtsstunde hatte die Biofach 1990 in Ludwigshafen, damals noch mit dem Namenszusatz „Europäische Fachmesse für Naturkost und Naturwaren“. In der dortigen Stadthalle zeigten 197 Aussteller ihre biologischen Produkte und zogen damit rund 2.500 Besucher an – 30 Jahre später wird eine 20-mal größere Publikumsschar erwartet.

Als die Messe 1999 nach Nürnberg umzog, war die Zahl der Aussteller bereits auf 1.276 und die der Besucher auf über 15.000 gewachsen. Bei dieser Dimension entschlossen sich die drei Messe-Gründer Hagen Sunder, Hubert Rottner und Jürgen Ries im Jahr 2001, die Biofach in die Hände der NürnbergMesse als Veranstalter zu geben. Seitdem entwickelte sich die schon bald als „Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel“ anerkannte Biofach nach Angaben der Veranstalter „weiterhin prächtig und hat sich fest in der internationalen Messelandschaft etabliert“. Im Jahr 2007 wurde der Naturkosmetikbereich aus der Messe ausgegliedert und hat unter dem Namen Vivaness eine eigene „Internationale Fachmesse für Naturkosmetik“ bekommen.

Wachsende Bedeutung kommt auch dem Kongress der „Biofach“ zu, der umfassend über die weltweite Biobranche informiert. 2018 nahmen rund 9.000 Teilnehmer an über 150 Einzelveranstaltungen teil. Inzwischen wirkt die Messe auch über den engeren Wirtschaftsbereich hinaus, indem sie jährlich Vertreter aus Politik, Verbänden, NGOs und andere Meinungsbildner versammelt. „Hier diskutieren Branchenakteure Zukunftsfragen des Marktes und gestalten gemeinsam die aktuelle und künftige Branchenpolitik“, so die Veranstalter. Ihren Anteil daran haben auch über 1.000 Medienvertreter aus knapp 40 Ländern.

Internationaler Schirmherr der Biofach ist der Fachverband IFOAM – Organics International. Als ideeller nationaler Träger fungiert der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der hier auch jährlich die neuesten Branchendaten vorstellt. Inzwischen ist die Biofach auch in andere Weltregionen vorgedrungen: Mit sechs weiteren Veranstaltungen in Japan, den Vereinigten Staaten, Südamerika, China, Indien und Thailand ist die Biofach World rund um den Globus präsent und bringt Jahr für Jahr insgesamt über 3.500 Aussteller und 100.000 Fachbesucher zusammen.

Wirtschaftlich zeigen die Wachstumspfeile der Biobranche weiter nach oben. Im Jahr 2017 steigerten sich die globalen Umsätze für Biolebensmittel auf über 95 Milliarden US-Dollar, ermittelte das Londoner Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Ecovia.

Nach Nordamerika ist Europa der zweitgrößte Markt für Bioprodukte. Hier legten die Bioumsätze um 11,4 Prozent auf 33,5 Milliarden Euro im Jahr 2017 zu. In Deutschland schaffte die Biobranche im selben Jahr mit 10,04 Milliarden Euro Jahresumsatz den Sprung über die 10 Milliarden-Euro-Schwelle. Das Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr betrug 5,9 Prozent. Bei genauerer Betrachtung stellen sich allerdings Marktverschiebungen heraus: So wuchs der klassische Lebensmitteleinzelhandel bei Bioprodukten um 8,8 Prozent, während der Naturkostfachhandel, der einen Marktanteil von 29 Prozent ausmachte, nur 2,2 Prozent mehr Umsatz verbuchte. Die Gesamtanbaufläche, die in Deutschland biologisch bewirtschaftet wurde, lag 2017 bei circa 1,4 Millionen Hektar, was rund 10 Prozent mehr als im Vorjahr waren. 8,2 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland werden damit aktuell biologisch bewirtschaftet.

Von denn 20 Prozent, die ursprünglich für 2020 erreicht werden sollten, ist das aber noch weit entfernt. Die neuen Branchenzahlen für 2018 werden jetzt auf der Biofach vorgestellt. Manfred Ronzheimer