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Auf dem Acker wird es wild

Den Trend mit autochthoner Saatgut-Mischung umkehren: Ein Projekt fördert die Wiederansiedlung von Ackerwildkräutern und damit die Artenvielfalt

In den letzten 50 Jahren ist die Vielfalt der Ackerwildkrautarten in Deutschland um fast ein Viertel zurückgegangen. Die fatalen Folgen: Mit dem Rückgang der Ackerwildkräuter wurden die Getreidefelder zur Nektarwüste. Vielen Tierarten, die direkt wie Insekten oder indirekt wie Vögel auf die Kräuter angewiesen sind, bietet sich dort kein Lebensraum mehr. Ein wichtiger Teil der Nahrungskette verschwindet und mit ihm auch die Schmetterlinge, Bienen, Feldlerchen, Rebhühner, Wachteln, Füchse und Marder.

Mit einem Projekt zur Wiederansiedlung von Ackerwildkräutern fördert der Bio-Knuspermüsli-Hersteller Barnhouse aus dem Oberbayerischen Mühldorf die Rückkehr zur Biodiversität. Hierfür stellt das Unternehmen seinen regionalen Partner-Landwirten eine autochthone Saatgut-Mischung zur Verfügung. Unter dem Motto „Macht die Äcker wieder wild!“ sollen seltene, für die Artenvielfalt wichtige Wildkräuterarten wieder auf den heimischen Feldern ihren Platz finden. Das Projekt fügt sich an das ebenfalls im Dienst der Biodiversität stehende Konzept des „Dreinutzenfeldes“ an, einer Anbaumethode, bei der die Barnhouse-Bauern mit blühendem Leindotter als Unterpflanzung zum Barnhouse-Hafer die Felder bienenfreundlicher machen.

„Wir haben es geschafft, über Generationen alles ‚wegzuspritzen‘, sodass fast nur noch Ampfer und Brennnessel wachsen – ein genereller Artenrückgang, der mittlerweile leider auch ökologisch bewirtschaftete Äcker betrifft“, erläutert Barnhouse Geschäftsführerin Sina Nagl die Hintergründe. „Mineraldünger und Pestizide, optimierte Saatgutreinigung und veränderte Bodenbearbeitung sowie das Abweichen von traditionellen Fruchtfolgen haben unsere Felder richtiggehend arm gemacht.“ Gemeinsam mit den regionalen Partnerlandwirten wolle man die Vielfalt der Ackerwildkräuter zurück auf die Felder holen. „Die ersten Schritte gingen wir mit einigen unserer Bauern, denen wir das Saatgut, das bereits im Herbst 2018 ausgebracht wurde, zur Verfügung stellten. Wir wollen Erfahrungen sammeln, um das Projekt dann in diesem Jahr auszuweiten“, berichtet Nagl.

Eine Fortwirtschaftlerin übernimmt dabei die Beratung der Landwirte und begleitet das Projekt. Das verwendete Saatgut mit neun Arten ist autochthon, also in der Region beheimatet. Es stammt von einem Regiosaaten-Spezialisten. Dieser Landwirt bewirtschaftet in der Region Flächen mit standorttypischen Kräutern und vermehrt dieses Ausgangssaatgut anschließend auf seinem Hof. (lk)