Rechtspopulismus in Italien: Klatsche für die Fünf Sterne

Sardinien war einst die Hochburg von Italiens Movimento 5 Stelle. Nun holt die Fünf-Sterne-Bewegung dort nur 10 Prozent der Stimmen.

Luigi Di Maio und Matteo Salvini Foto: reuters

ROM taz | Bei den Regionalwahlen von Sardinien mussten die Fünf Sterne mit gerade einmal 10 Prozent die zweite herbe Niederlage binnen zwei Wochen hinnehmen. Die am Montagabend bekannt gewordenen Ergebnisse sind dramatisch für das Movimento 5 Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung): Noch bei den Parlamentswahlen vor knapp einem Jahr hatte es auf der Insel 42,5 Prozent geholt und sich sowohl vor der Rechten als auch vor der Linken als stärkste Kraft durchgesetzt.

Jetzt dagegen landen die Fünf Sterne völlig abgeschlagen auf dem dritten Platz. Durchsetzen konnte sich dagegen die Rechte: Ihr Spitzenkandidat holte 48 Prozent, ihre Parteilisten gar über 50 Prozent, während die Mitte-links-Allianz auf gut 30 Prozent kam.

Schon 14 Tage zuvor in den Abruzzen war es für die Fünf Sterne miserabel gelaufen. Dort waren sie von 40 Prozent (Parlamentswahlen 2018) auf knapp 20 Prozent abgestürzt. Ihr Koalitionspartner in Rom dagegen, die fremdenfeindliche Lega unter dem Vizepremier Matteo Salvini, schnellte von 14 Prozent auf 28 Prozent hoch. Und auch in Sardinien überrundete jetzt die Lega mit 11,5 Prozent das M5S.

Dramatisch sind diese beiden Niederlagen vor allem deshalb, weil sie das M5S in zwei seiner Hochburgen in Mittel- und Süditalien treffen – und weil der nationale Trend ähnlich negativ ist. Alle Meinungsumfragen belegen, dass die Koalitionsregierung in Rom für die beiden Partner, Fünf Sterne und Lega, entgegengesetzte Effekte hat.

Medientamtam im Gefängnis

Die Lega schoss unter Salvini von 14 Prozent auf nunmehr 32 bis 34 Prozent hoch. Der Vize­premier und Innenminister profilierte sich mit dem rüden, im Land aber populären Abschottungskurs der „geschlossenen Häfen“ für Migranten und gibt auch sonst den Sheriff. So treibt er gegenwärtig ein Gesetz voran, das den Notwehrparagrafen neu regeln soll: Wer in Zukunft zu Hause oder in seiner Firma einen Einbrecher erschießt, soll generell Notwehr geltend machen können.

Am Wochenende besuchte Salvini unter großem Medien­tamtam einen Unternehmer im Gefängnis; der hatte einen am Boden liegenden Dieb mit einem Schuss schwer verletzt und war deshalb wegen versuchten Mordes verurteilt worden. Salvini präsentierte ihn als armes Opfer.

Die Fünf Sterne unter Luigi Di Maio, auch er Vizepremier, können oder wollen dieser Law-and-Order-Offensive nichts entgegensetzen. Nur mit der Grundsicherung, die vom 1. April an eingeführt werden soll, gelang es ihnen, eine Kernforderung durchzusetzen. Viele umweltpolitische Versprechen mussten sie jedoch angesichts des harten Widerstands der Lega kassieren.

Di Maios Geheimnis

So wird die Gaspipeline von Albanien nach Apulien weitergebaut, auch wenn das M5S im Falle seines Wahlsiegs den sofortigen Baustopp angekündigt hatte. Und so bleibt das Stahlwerk von Tarent, eine enorme Dreckschleuder, in Betrieb, obwohl die Fünf Sterne für seine Stilllegung gebürgt hatten.

Darüber sank das M5S von seinen 32,7 Prozent bei den nationalen Wahlen 2018 auf nur noch 22 bis 24 Prozent in den letzten Umfragen; die Anhänger wandern teils zur Lega, teils ins Nichtwählerlager ab. Di Maio will deshalb jetzt die Notbremse ziehen und der Bewegung mit Verantwortlichen für jede Region sowie einem nationalen Vorstand Strukturen verleihen, die sie zur Partei verwandeln können. Wie er dagegen in der Ausrichtung des Regierungshandelns Salvinis Offensive stoppen will, bleibt weiterhin Di Maios Geheimnis.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.